Verstand und Grund
Weiter geht es mit der philosophischen Serie: Im letzten Eintrag schloss ich mit der Frage, woher die Ziele kommen sollen, an denen wir unser Leben ausrichten können.
Um sie zu beantworten ist ein kleiner Einschub vonnöten: Verstand und Grund
Grundsätzlich stehen uns auf der Suche nach Antworten verschiedene Werkzeuge zur Verfügung. Das erste, und des Philosophen Liebstes (ganz zu schweigen von mir), ist die geschärfte Ratio. In diesem Zusammenhang erscheint mir eine Eigenart des Verstandes besonders bemerkenswert: Er ist ein Informationsverarbeiter im engeren Sinn, d.h. er macht aus einer Eingabe eine Ausgabe.
Konkret bedeutet das meistens: Aus bestimmten Annahmen über den Zustand und die Funktionsweise der Welt, verbunden mit der Vorstellung eines wünschenswerten Zustandes, entwirft der Verstand einen Weg zum gewünschten Ergebnis. ((An dieser Stelle muss ich vielleicht noch einschieben: Im Alltag beschäftigt sich der Verstand oft gar nicht damit, Wege irgendwo hin zu entwerfen, sondern er zeichnet bereits eingetretene Ereignisse nach, im berühmten Verstehen. Entscheidend ist: Auch hier wird offensichtlich mit etwas gegebenem gearbeitet. Außerdem dient diese Art zu denken meiner Meinung nach genau dazu, später einen genügenden Vorrat an plausiblen Annahmen über die Funktionsweise der Welt zur Verfügung zu haben.)) Das kann, muss aber nicht und tut meistens nicht, mit formallogischen Mitteln geschehen. Wird der Verstand auf philosophische Fragestellungen angewendet, abstraktere Themen, nähert sich die Vorgehensweise automatisch, auch ohne entsprechende Schulung, der formalen Logik an, die verwendeten Prämissen werden klarer.
Jetzt sei der Freude halber die Gelegenheit genützt, eine weitere Eigenart des Verstandes zu demonstrieren, auch wenn man unter Berufung auf den Augenschein schneller zum Ziel käme: Durch sein abstraktes Arbeiten kann der Verstand recht problemlos sich selbst zum Gegenstand nehmen. Nimmt man die eben erarbeitete allgemeine Funktionsweise des Verstandes (ableitend) als Basis ergibt sich logisch, dass der Verstand prinzipiell, strukturell ungeeignet ist, die letzte Basis, das letzte Wozu zu beschaffen. Müsste er doch dazu genau: Aus Nichts Etwas erzeugen, und greift ins Leere.
Bezugnehmend auf den letzten Eintrag zum Thema stehen wir jetzt aber buchstäblich mit leeren Händen da: Der Glaube an irgendwelche Offenbarungen ist rational zerlegt, anschließend demonstriert die Ratio ihre eigene Ohnmacht. Wohin nun?!
Zuallererst ins Bett, auf dass ich noch etwas Schlaf erheische, bevor die Sonne aufgeht…
Sonntag, 25. Februar 2007 9:27
Vergiss nicht, über dem ganzen Grübeln über das Mensch-sein auch einfach mal zu leben.
Auch wenn es schmerzhaft bedeutet, die Ratio an ihren Platz zu verweisen…
Freitag, 2. März 2007 16:15
Vielen Dank für den Tipp, Basti
Keine Angst, ich verpasse nicht das Leben vor lauter Denken. Aber ich finde es schon wichtig, sich manchmal die Zeit zu gönnen, darüber nachzudenken wo man eigentlich hin will und wozu man das alles macht…