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Krieg

Sonntag, 27. Januar 2008 15:33

Es scheint die Zeit für eine Art „Nachlese“ des Irak-Kriegs gekommen, die wohl gerne vergessen würde. Immerhin, die NYTimes widmet ihr eine Serie: „about veterans of the wars in Iraq and Afghanistan who have committed killings, or been charged with them, after coming home.“

Es ist eine traurige Tatsache (irgendwie aber auch eine beruhigende, schöne Tatsache), dass im Krieg zu sein, zu kämpfen und zu töten einen Menschen nicht unverändert lässt. Traurig daran ist, dass eine Gesellschaft sich entscheidet, einen Teil ihrer Mitglieder diese Erfahrungen machen zu lassen und dann recht hilflos im Umgang mit den veränderten Heimkehrern ist. Es ist wohl auch nicht leicht:

“He left for Iraq enthusiastic and energetic and eager to serve his country,” wrote one of four mental health professionals, including two government officials, who diagnosed PTSD in Mr. Gregg. He “returned impaired by PTSD complicated by his disillusionment with the military operation in Iraq.” 

When Mr. Gregg’s tour of duty ended in March 2004, he started drinking heavily to ease his stress and expressed the wish that he had died in Iraq.

Nicht zufällig wurde die heute auch außerhalb psychologischer Fachkreise weit bekannte Traumatisierung als Störung erst spät entdeckt: Nach dem Vietnam-Krieg:

It was in 1980, five years after the Vietnam War ended, that the psychiatric establishment first recognized post-traumatic stress disorder. Vietnam veterans quickly summoned it as a primary legal defense. In many cases, the veterans argued that they had been rendered temporarily insane as a result of flashbacks to the war while committing their crimes.

Zusammen mit einem bewegenden Film, in dem die Erlebensseite von Gewalt, und zwar sowohl für Täter als auch für Opfer, sehr plastisch wird („München“ von Steven Spielberg) führen mich diese Berichte von einem „pragmatischen“ Pazifisten wieder mehr in Richtung eines radikalen Pazifismus. Wobei vielleicht genau darin eine wichtige Frage liegt: Was ist in diesem Zusammenhang „pragmatisch“? Ich glaube, Ghandi hat am Ende doch Recht:

Es gibt keinen Weg zum Frieden, denn Frieden ist der Weg.

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Lohnkampf der Tomatenpflücker

Donnerstag, 27. Dezember 2007 17:04

Seit einiger Zeit beschäftige ich mich im Rahmen von Action 5 mit Handelsbeziehungen der globalisierten Wirtschaft, dort am Beispiel der Textilindustrie.

Angriffspunkt für unsere Aktionen dazu in Freiburg sind Verbraucher und der lokale Einzelhandel. Die Hoffnung ist, dass eine veränderte Nachfrage dieser beiden Gruppen die Zustände in der Herstellung verbessern kann.

Ein aktueller Artikel aus der NYTimes ist deshalb in doppelter Hinsicht interessant: Er beschreibt den Verlauf einer ähnlichen Aktion im ganz großen Stil: Aktionen eines breiten Bündnisses gegen bzw. mit McDonalds, Burger King etc., um bessere Arbeitsbedingungen für Tomatenpflücker zu erreichen.

Darüber hinaus liest sich der Artikel als wundervoller Überblick der verschiedenen Positionen zu liberalen oder regulierten Arbeitsmärkten. Ich zitiere einige interessante Passagen, gewürzt mit meinen Gedanken:

[…]

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Nur der schlechte Markt ist ein guter Markt

Mittwoch, 26. Dezember 2007 23:08

So, die Marktkritik geht weiter. Insgesamt brüte ich da gerade etwas aus, wie erwähnt steht ein Zwischenfazit meiner Kritikpunkte an Kapitalismus und freier Marktwirtschaft an.

Einstweilen aber nochmal ein Essay, das ich auch im Zunehmenden Grenznutzen posten möchte, nach Rücksprache mit Johannes, deshalb etwas verzögert. Möglicherweise wird die Version dort dann noch verbessert sein :-)

Hier aber schon (exklusiver Vorabdruck gewissermaßen) mein abendliches Werk:

Nur der schlechte Markt ist ein guter Markt

Unsere Zeit stellt uns vor eine Reihe von schwierigen Herausforderungen, angefangen von sozialer Ungerechtigkeit in Deutschland und global über ökologische Probleme bis hin zu sinkender subjektiver Lebensqualität trotz steigender Produktion und steigendem Konsum. Besonders aus Richtung der Wirtschaftswissenschaften hört man oft die These, die Probleme seien zu bewältigen, wenn der freie Markt besser funktionieren würde, was heißt: wenn man ihm staatlicherseits weniger Hemmnisse entgegenstellen würde, höchstens an der einen oder anderen Stelle einen Rahmen setzen.

Dem möchte ich provozierend entgegenhalten: Diese Probleme sind bisher nicht so stark aufgetreten, weil der freie Markt zwar existiert, aber nicht perfekt funktioniert hat. Und sie verschärfen sich mit der aktuell eigentlich immer freier werdenden Marktsituation. Dabei habe ich zunächst gar nicht den Staat als „Gegenspieler“ des freien Marktes im Blick, sondern natürliche, psychologische und geographische Markthindernisse. Es ist das verschwinden dieser Markthindernisse, das unsere globale Marktordnung in die genannten Schwierigkeiten hineinmanövriert, nicht das wachsen von Markthindernissen.

Ein perfekter Markt folgt bestimmten Regeln. So finden etwa Produktion und Konsum zu einem Gleichgewicht im Schnittpunkt von Angebots– und Nachfragekurve, der Preis für ein gleichartiges Gut ist überall gleich.

Demgegenüber weicht das Marktgeschehen eines nicht perfekten Marktes von diesen Regeln ab. Etwa weil der konkurrierende Anbieter eines Produktes dieses transportieren muss und damit teurer wird als der lokale Anbieter. Oder weil Konsumenten über ihre rationale Abwägung hinaus „irrationale“ Präferenzen zum Beispiel für einen vertrauten Anbieter haben.

Der mangelhafte Markt lässt also Lücken im regelhaften Systemablauf. Diese Lücken nun sind es, die ich spannend finde. Wir bekommen beigebracht, sie als Fehler und Probleme zu betrachten, der Idee folgend, dass die Marktteilnehmer – Menschen (!) – diese Lücken mit ihrem egoistischen Profit füllen, dass die Lücken somit zum Schaden der meisten Menschen wenige begünstigen. Sicher geschieht das.

Dennoch möchte ich dem entgegenhalten: Diese Lücken sind genau der Spielraum, in dem sich so etwas die ein positiver Unternehmergeist überhaupt entfalten konnte, nach dem heute so oft gerufen wird. Und diese Spielräume sozialer Verantwortung sind es, die das „System Kapitalismus“ so lange „geschmiert“ haben. Sie machten es möglich, dass Arbeitgeber sich über ihren eigenen Nutzen hinaus für ihre Angestellten verantwortlich fühlten. Oder dass sie ein Produkt anboten, das ihren eigenen Idealen von guter Ware entsprach, auch wenn der Kunde nicht in der Lage war, diese Qualität zu schätzen, oder erst nach längerer Zeit.

Wie sieht denn ein perfekter Markt wirklich aus? Er erzeugt einen großen Druck auf die Unternehmer, eliminiert die oben beschriebenen Spielräume. Ein zu teures oder qualitativ mangelhaftes Produkt wird gemieden und verschwindet vom Markt. Produkte werden in genau den Eigenschaften optimiert, auf die Konsumenten beim Kauf achten, andere als „unerwünschte Qualität“ (übrigens tatsächlich ein feststehender Begriff aus der BWL!) fallen gelassen, weil zu teuer.

Und so lange nicht Konsumenten beim Kauf die sozialen Eigenschaften des Unternehmens stark berücksichtigen, fallen unter diese unerwünschten Qualitäten genau die Aktionen sozial verantwortlichen Unternehmertums, nach denen so sehr gerufen wird. Sie kosten nämlich etwas.

Dass die Nachfrage sich in naher Zukunft derartig verändern wird, halte ich für sehr unrealistisch. Zu deutlich sind mir die Anzeichen, dass aus einer diffusen Angst, abgehängt zu werden, jeder einzelne im Gegenteil immer stärker seinen persönlichen Vorteil im Blick hat.

Diese Angst und diesen Egoismus übersetzt ein besserer, „freierer“ freier Markt immer unmittelbarer in die Gestalt des wirtschaftlichen Geschehens. In einem perfekten Markt bekommt man gewissermaßen direkt nach was man fragt. Auch wenn man nach etwas fragt, was sich in größeren Zusammenhängen denkend als ziemlichen Blödsinn erweist.

Was also tun? Die beschriebene Entwicklung des Marktes scheint mir wenig mit politischen Bedingungen zu tun zu haben, eher sich fast naturgesetzartig aus gewachsenen technischen Möglichkeiten unserer Zeit zu ergeben. Im Zusammenspiel vielleicht mit einer Gesellschaft, in der zuerst und zumeist an sich selbst zu denken zunehmend fast als Tugend betrachtet wird.

Dennoch bin ich der Meinung, dass politische Regulierungen eine gewisse Linderung verschaffen können, sie besänftigen ein wenig den Egoismus. Es ist so viel leichter, einen politischen Mehrheitswillen gegen Käfighaltung von Legehennen zu entwickeln als den Willen der selben Menge von Individuen, im Supermarkt die doppelt so teueren „tierfreundlichen“ Eier zu kaufen.

Um am Ende etwas metaphorisch zu werden: Ein freier Markt liefert insgesamt, wonach viele Einzelne fragen. Die Probleme unserer Zeit machen es aber nötig, nach bestimmten Dingen gemeinsam zu fragen. Wie genau? Den Markt mit mehr Gesetzen regulieren? In manchen Bereichen ganz auf Marktmechanismen verzichten? Ich weiß es nicht. Einen Weg zurück in die letzten Jahrzehnte, in denen die Fehler des Marktes sein Funktionieren ermöglicht haben, sehe ich jedenfalls nicht.

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Zynismus (I) – Herantasten. Menschenähnlichkeit von Tieren

Montag, 10. September 2007 19:01

Ich lese gerade die „Kritik der zynischen Vernunft“ von Peter Sloterdijk. Ich habe das Buch vielleicht schon drei Mal angefangen und wieder weggelegt, wegen Mangel an Zeit und weil ich mich beim Lesen wirklich konzentrieren muss, das ist keine Lektüre für die müden Abendstunden…

Ein sehr spannendes Buch, das meiner Meinung nach ein zentrales Phänomen unserer Zeit sehr gut einfängt und mit „Zynismus“ einen Begriff findet, der nicht hundertprozentig passt (dazu ist Sloterdijks Definition zu sehr vom alltagsgebrauch entfernt) aber doch ziemlich gut. Und oft ist ein Begriff ja nötig, um etwas überhaupt wahrnehmen zu können.

Zu dem Buch jedoch und meinen Gedanken dazu in einem späteren Eintrag mehr. Hier erst mal ein Alltagsbeispiel. Oft sind Meldungen aus der Tierrechtsszene recht schreierisch, und manchmal schäme ich mich für die undifferenzierten Formulierungen von Inhalten, die mir selbst wichtig sind. Aber das hier könnte ich so unterschreiben. Und das Fazit „zynisch“ passt sogar zu der erweiterten, philosophischen Definition.

morgen abend, 19h, macht arte in der reihe „tierisch intelligent“, in der immer die intelligenz und „menschenähnlichkeit “ verschiedner „tiere“ beschworen wird, sympathiewerbung für schweine als organspender!

was zynischeres kann man sich ja kaum vorstellen.

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Bipolare Störung bei Kindern – Pharma mal wieder

Freitag, 7. September 2007 12:43

Laut einem spannenden NY-Times-Artikel hat sich die Anzahl der mit der Bipolaren Störung (der veraltete Name „Manisch-Depressive Störung“ sagt mehr über die Symptome, noch mehr sagt Wikipedia) diagnostizierten Kinder und Jugendliche zwischen 1994 und 2003 vervierzigfacht! Danach ging der Anstieg allem Anschein nach weiter.

Man könnte sich natürlich freuen, dass mehr psychisch kranke Kinder endlich die Behandlung bekommen, die sie brauchen. Aber bei den Zahlen… Man könnte auch sagen:

Other experts say bipolar disorder is overdiagnosed. The term, the critics say, has become a catchall applied to almost any explosive, aggressive child.

NYTimes 4.9.2007 — Bipolar Illness Soars as a Diagnosis for the Young (Selbe Quelle auch für die folgenden Zitate)

Jedenfalls ist unklar, ob die Medikamente bei Jugendlichen ähnlich wirken wie bei Erwachsenen, und welche Nebenwirkungen sie haben. Getestet sind sie nicht. Klar ist, dass die Entwicklung die Pharmafirmen freut. Die Medikamente für Bipolare Störung sind ziemliche Hämmer, und kosten etwa 3–5 mal so viel wie Medikamente für „normale Störungen“ wie Depression oder Angst.

Ich erspare euch die genauen Medikamente, die am häufigsten dabei sind. Die meisten können mit den Namen nichts anfangen, und die anderen wird das kalte Grauen packen. In dem Artikel stehen sie.

Jedenfalls noch drei Anmerkungen:

Die Diagnose ist unsicher, und es ist unwahrscheinlich dass ein Kind, das die Störung diagnostiziert bekommt, sie auch als Erwachsener bekommt. Das ist ein bisschen seltsam, weil die Bipolare Störung eine starke genetische Komponente hat. Noch seltsamer ist, dass die Kinder später eher depressiv werden, was eine starke soziale Komponente in der Enstehung hat.

“From a developmental point of view,” Dr. March said, “we simply don’t know how accurately we can diagnose bipolar disorder or whether those diagnosed at age 5 or 6 or 7 will grow up to be adults with the illness. The label may or may not reflect reality.”

Most children who qualify for the diagnosis do not proceed to develop the classic features of adult bipolar disorder like mania, researchers have found. They are far more likely to become depressed.

Ungefähr die Hälfte der Kinder hat noch eine andere Diagnose, in der Mehrzahl ADS. Da treffen sich dann zwei unklare, „catch-all“-Diagnosen für „schwierige“ Kinder. Deshalb ein kleines Zitat und Fazit:

“These are kids that have rage, anger, bubbling emotions that are just intolerable for them,” Dr. Pavuluri said, “and it is good that this is finally being recognized as part of a single disorder.”

Vielleicht wäre es auch ganz gut, nach einem Grund für diese Gefühle zu suchen?

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Arzneimittelforschung

Donnerstag, 30. August 2007 13:36

Schon einige Zeit schlummert ein Artikel aus der SZ in meiner „zu bearbeiten“-Abteilung. Um genau zu sein seit dem 18. Mai 2007… Er hat an Aktualität nichts verloren.

Dass Pharmakonzerne große Summen in die Forschung investieren ist bekannt. Ebenso, dass sie die Ausgaben mit patentgeschützten Produkten wieder erwirtschaften. Und auch dass dabei Produkte, die von wenig zahlungskräftigen Patienten, etwa in der dritten Welt, gebraucht würden, auf der Strecke bleiben. In einem Interview mit Tido von Schön-Angerer von der Organisation Ärzte ohne Grenzen erfährt man einige konkrete Zahlen hierzu:

SZ: Welche Rolle spielt der afrikanische Kontinent für die Industrie?

Schön-Angerer: Der Absatz in Afrika macht ein Prozent des pharmazeutischen Weltmarktes aus. Deshalb bestehen kaum Anreize, die Entwicklung von Medikamenten gegen armutsbedingte Krankheiten voranzutreiben.

SZ: Wie viel investieren die Konzerne in Arzneien gegen Tropenkrankheiten?

Schön-Angerer: Sehr wenig. Nur ein Prozent von allen echten Innovationen galten in den letzten Jahren den vernachlässigten Krankheiten.

Eigentlich müsste ich jetzt in eine längere Abhandlung über Marktmechanismen übergehen. Aus dem VWL-Nebenfach weiß ich, dass man dort versucht, Umverteilung und Güterbereitstellung getrennt voneinander zu denken. Das Problem ist also nicht, dass Medikamente für die Kunden entwickelt werden, die bereit sind dafür Geld auszugeben. Sondern dass die Menschen in der dritten Welt kein Geld haben. Kein Marktproblem, sondern ein politisches Problem also…

Und ohne weiter auszuholen möchte ich anmerken, dass dieses Problem tatsächlich nicht in den Kern meiner Kapitalismuskritik fällt, zu der ich demnächst einen erweiterten Grundriss online stellen will.

Trotzdem sehen auch Ökonomen Möglichkeiten, das Angebot besser an den realen Bedarf anzupassen:

Schön-Angerer: Experten wie der Nobelpreisträger Joseph Stiglitz diskutieren Versuche und Modelle, um die Entwicklungskosten einer Arznei nicht über den Preis gegenzufinanzieren. Sie können die Entwicklung etwa vorfinanzieren lassen. Möglich ist auch das Ausschreiben von Preisgeldern — bevor an einem Medikament geforscht wird. Wer das Mittel in solch einem Forschungswettbewerb liefert, bekommt das Geld.

SZ: Das klingt sehr vage. Wer soll die hohen Investitionskosten tragen?

Schön-Angerer: Dieselben Menschen, die die hohen Investitionskosten heute schon bezahlen. Menschen wie Sie und ich, über Steuern und Versicherungen.

Ohne den Markt ganz umkrempeln (quasi entmarkten) zu wollen scheint das der einzige Weg zu sein: dafür zu sorgen, dass sich mit dem, was dringend gebraucht wird, auch am meisten Geld verdienen lässt. Ob wir (will heißen: Staat, Bürger, Steuerzahler) so viel ausgeben können, wie sich mit der Behandlung von Zivilisations-Mode-Krankheiten verdienen lässt scheint mir allerdings fragwürdig.

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Unternehmen in der Verantwortung

Dienstag, 20. März 2007 15:39

Unser Bundespräsident mahnt die Unternehmen zu mehr gesellschaftlicher Verantwortung, dasselbe tut die Bundeskanzlerin. Durchaus in schönen Worten, hier zum Beispiel Köhler:

„Es reicht nicht mehr, sich nur um die Arbeitnehmer zu kümmern und ab dem Werkstor ist es wurscht“, sagte Bundespräsident Horst Köhler dem Magazin Focus.

Köhler wies die Firmen auf eine Fülle von Möglichkeiten hin, sich zu beteiligen, wie die Ausstattung von Schulen mit Computern oder die Renovierung von Klassenräumen.

Nur gesunde Unternehmen können sich sozial engagieren“, sagte der Bundespräsident, der auf seiner Lateinamerika-Reise zahlreiche sozial engagierte Unternehmer getroffen hatte. „Aber nur Unternehmen, die sich sozial engagieren, bleiben auf Dauer auch erfolgreich.“

Appell des Bundespräsidenten Köhler mahnt deutsche Wirtschaft zu mehr Verantwortung — Deutschland — sueddeutsche.de (Hervorhebung von mir)

Erstens wäre es schon mal nett, wenn sich um Arbeitnehmer gekümmert würde.

Zweitens hat Köhlers Aussage einen ganz zentralen Haken. Die hervorgehobene Behauptung ist nämlich erst mal das: eine Behauptung. Warum es sich für die Unternehmen lohnen soll, sich zu engageiren, leuchtet mir nicht ein.

Wobei ich an der Stelle betonen möchte, dass es sich natürlich lohnt, als sozial engagiert in der Öffentlichkeit wahrgenommen zu werden. Allerdings ist echtes Engagement dafür meiner Meinung nach so ungefähr der schlechteste Weg. Und die immens wachsenden Ausgaben für PR legen nahe, dass das nicht nur ich so sehe.

Irgendwie hat das Thema einen Bezug zur Evolutionstheorie. Wie soll in einem „grausamen“ System, in dem jeder für sich selbst sorgen, jeder individuell vorankommen muss (sei das nun das Verbreiten der Gene oder erhöhen des Gewinns) sich selbstloses Verhalten entwickeln?

In der „natürlichen“ Evolution scheint das vielleicht doch möglich zu sein, wie ich heute bereits geschrieben habe. Dann wollen wir für die Ökonomie mal das Beste hoffen.

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Verstand und Grund

Sonntag, 25. Februar 2007 4:21

Weiter geht es mit der philosophischen Serie: Im letzten Eintrag schloss ich mit der Frage, woher die Ziele kommen sollen, an denen wir unser Leben ausrichten können.

Um sie zu beantworten ist ein kleiner Einschub vonnöten: Verstand und Grund

Grundsätzlich stehen uns auf der Suche nach Antworten verschiedene Werkzeuge zur Verfügung. Das erste, und des Philosophen Liebstes (ganz zu schweigen von mir), ist die geschärfte Ratio. In diesem Zusammenhang erscheint mir eine Eigenart des Verstandes besonders bemerkenswert: Er ist ein Informationsverarbeiter im engeren Sinn, d.h. er macht aus einer Eingabe eine Ausgabe.

Konkret bedeutet das meistens: Aus bestimmten Annahmen über den Zustand und die Funktionsweise der Welt, verbunden mit der Vorstellung eines wünschenswerten Zustandes, entwirft der Verstand einen Weg zum gewünschten Ergebnis. ((An dieser Stelle muss ich vielleicht noch einschieben: Im Alltag beschäftigt sich der Verstand oft gar nicht damit, Wege irgendwo hin zu entwerfen, sondern er zeichnet bereits eingetretene Ereignisse nach, im berühmten Verstehen. Entscheidend ist: Auch hier wird offensichtlich mit etwas gegebenem gearbeitet. Außerdem dient diese Art zu denken meiner Meinung nach genau dazu, später einen genügenden Vorrat an plausiblen Annahmen über die Funktionsweise der Welt zur Verfügung zu haben.)) Das kann, muss aber nicht und tut meistens nicht, mit formallogischen Mitteln geschehen. Wird der Verstand auf philosophische Fragestellungen angewendet, abstraktere Themen, nähert sich die Vorgehensweise automatisch, auch ohne entsprechende Schulung, der formalen Logik an, die verwendeten Prämissen werden klarer.

Jetzt sei der Freude halber die Gelegenheit genützt, eine weitere Eigenart des Verstandes zu demonstrieren, auch wenn man unter Berufung auf den Augenschein schneller zum Ziel käme: Durch sein abstraktes Arbeiten kann der Verstand recht problemlos sich selbst zum Gegenstand nehmen. Nimmt man die eben erarbeitete allgemeine Funktionsweise des Verstandes (ableitend) als Basis ergibt sich logisch, dass der Verstand prinzipiell, strukturell ungeeignet ist, die letzte Basis, das letzte Wozu zu beschaffen. Müsste er doch dazu genau: Aus Nichts Etwas erzeugen, und greift ins Leere.

Bezugnehmend auf den letzten Eintrag zum Thema stehen wir jetzt aber buchstäblich mit leeren Händen da: Der Glaube an irgendwelche Offenbarungen ist rational zerlegt, anschließend demonstriert die Ratio ihre eigene Ohnmacht. Wohin nun?!

Zuallererst ins Bett, auf dass ich noch etwas Schlaf erheische, bevor die Sonne aufgeht… :-)

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Die Wozu-Kette

Sonntag, 25. Februar 2007 0:36

Nach einigen Computerfernen Tagen mit guten Büchern (dazu später mehr), Gesprächen (es ist so schön zu Hause zu sein) und Zeit zum Nachdenken beginnt hiermit eine kleine Serie zu einem großen Thema.

Als Mensch, der dazu neigt die Dinge vom Anfang zu ihren Konsequenzen zu denken bin ich über die Verunsicherung, was meine berufliche Zukunft angeht, zu immer tieferer Verunsicherung vorgedrungen, an deren Ende die Frage steht: Wozu will ich leben?!

Es ist nicht viel Phantasie nötig, um sich auszumalen, dass damit der komplette Themenkreis religiöser Gedanken aufgewirbelt ist.

Als ersten Schritt also wie im Titel angekündigt, Gedanken zur „Wozu-Kette“:

[…]

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