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Zwischen Biologie und Kultur

Sonntag, 10. Mai 2009 14:09

Ich habe mich in Gespräche mit anderen Psychologiestudenten schon öfter seltsam gefühlt, weil ich gegen das Neuropsycho-Fieber komplett immun zu sein scheine, das in unserer Disziplin ansonsten gerade grassiert. Ich finde neurobiologische Erkenntnisse grundsätzlich sehr interessant, aus einer philosopisch-grundlagenwissenschaftlichen Perspektive. Es geht ihnen meiner Meinung nach aber die praktische Relevanz großteils ab. Wobei diese Aussage an die ganz grundsätzliche Frage nach der relativen Bedeutung biologischer und kultureller Faktoren für unsere Existenz und unsere Eigenschaften rührt. In meiner Prüfungsliteratur für Kulturpsychologie fand ich dazu eine sehr schöne Ausführung, die aber natürlich nicht als neutrale Einschätzung zu lesen ist:

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Wissenschaft auf dem Weg ins Nirvana

Mittwoch, 6. Mai 2009 16:01

Ich weise mit Vergnügen auf einen Gastvortrag hier in Freiburg von einem Dozenten aus meiner alten Heimat LMU hin, der illustriert, wohin sich die Psychologie gerade bewegt. Thema ist: „Visuell-räumliche Prozesse wenn Dreiecken ein mentaler Zustand zugeschrieben wird“ …

Ich vermute, dass daran etwas ganz Spannendes zu lernen ist, und erkenne jedenfalls an dass mein Häme unqualifiziert ist. Vielleicht können damit Informationsverarbeitungsmodelle der menschlichen Psyche angepasst werden, mentalen Zuständen Rechnung zu tragen. Was dann als ein Schritt in die richtige Richtung zu interpretieren wäre. Bleibt die Frage offen, ob dieses Paradigma in dem Kontext wirklich so nützlich ist. Und ob reduktionistisch-experimentelle Forschung hier Sinn macht. Ich selbst bin mir recht sicher, dass ich Dreiecken andere mentale Zustände zuschreibe als Menschen …

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Woher kommt unser Geld?

Dienstag, 7. April 2009 21:19

Die Zeit ist ideal, um über die Weltwirtschaft, den Kapitalismus und das Wesen des Geldes nachzudenken. Da trifft es sich gut, dass mir ein vergilbter und zerfetzter Artikel aus der Zeit in die Hände fiel, der einige Zeit bei uns in der WG im „Ort der Bildung“ hing und glücklicherweise auch online frisch wie am ersten Tag zu lesen ist: Verdammt zum Wachsen (DIE ZEIT 18.11.2004 Nr.48)

Im Folgenden trage ich aus meiner Perspektive die zentralen Thesen des Artikels zusammen, den ich im Original interessant, aber etwas konfus finde, gefolgt von einigen eigenen Überlegungen dazu.

Die erste Grundthese ist, dass der Kapitalismus Wachstum braucht, um weiter zu bestehen. Das liege am Wesen des Geldes, das eigentlich Kredit sei. Kredit nimmt aber nur jemand auf, der überzeugt ist, ihn einschließlich Zinsen zurückzahlen zu können. Das heißt: erfolgreich investieren – mit anderen Worten: Wachstum erzeugen.

Drittens, jedem Geldvermögen steht eine Schuld gegenüber. Wenn ein Mensch sparen will, also Geldvermögen aufbauen, braucht er notwendigerweise einen anderen, der sich verschulden möchte. In einer geschlossenen Volkswirtschaft, in der es keinen Kontakt zum Ausland gibt, oder in der Weltwirtschaft als Ganzes ist die Differenz zwischen Geldvermögen und Schulden immer gleich null. Viertens, Geld entsteht aus Kredit, ja, es ist nichts anderes als Kredit.

Die zweite interessante These ist, dass dieses System zusammenbricht, wenn die Symmetrie zwischen den Kreditaufnehmern und Kreditgebern verloren geht. Das passiert vor allem, wenn mehr Akteure sparen wollen:

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Altersweisheit

Samstag, 31. Januar 2009 0:49

Ich bin über ein Buch gestolpert, dessen Idee mir so gut gefällt, dass ich kurz darüber schreiben muss, obwohl es laut NYTimes-Rezension anscheinend nicht gut ist: „How to Live -
A Search for Wisdom From Old People (While They Are Still on This Earth)“ von Henry Alford.

Das Buch scheint leider seine Stärken dort zu haben, wo es lustig ist (nicht schlecht, aber nicht das wofür ich so ein Buch gerne lesen würde), und sonst eher seicht zu sein. Dabei frage ich mich immer wieder: Müssten nicht eigentlich alte Leute eine Menge darüber wissen, wie man ein glückliches Leben führt? Wenigstens manche alte Leute? Der Vorteil ist ja auch, dass man es ihnen recht gut ansieht, ob sie glücklich gelebt haben.

Aber niemand, den ich kenne, scheint den Alten in seiner Umgebung diese Frage zu stellen. Liegt das daran, dass wir immer zu beschäftigt sind? Oder dass wir denken, unsere Welt und unser Leben seien ohnehin wieder ganz anders? Stimmt das auch? Und wenn ja, ist das eine gute Entwicklung für eine Gesellschaft, und ein gutes Tempo der Veränderung?

Oh, viele Fragen! Wären nur meine Großeltern in der Nähe :-)

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Und immer wieder der Krieg

Freitag, 2. Januar 2009 16:46

Nachdem ich ja selbst in meinem Praktikum im VA-Hospital nahe dran war an den Menschen, die vom Krieg zurückkommen, verfolge ich umso aufmerksamer Nachrichten darüber. Eigentlich steht meine Meinung diesbezüglich schon lange: Der Schaden, den ein Krieg bei allen Beteiligten zurücklässt — und dabei habe ich mehr psychische als körperliche Schäden im Kopf — wird weit unterschätzt. Und ohne sagen zu wollen, dass militärisches Eingreifen immer falsch sein muss, bin ich der Meinung, dass es von vielen Verantwortlichen leichtfertig eingesetzt wird, wenn noch viele andere Möglichkeiten bestünden. Die (zum Glück) scheidende US-Regierung stand ziemlich weit vorne.

Hier also ein Auszug aus einem NY-Times-Artikel, in dem über gesteigerte Anstrengungen der Armee berichtet wird, das Problem von Gewalttaten durch Veteranen einzudämmen, also eigentlich ein erfreuliche Nachricht.

Er enthält einen bewegenden Bericht über die Laufbahn eines jungen Mannes vom „California Surfer“ zum Mörder, mit einigen Randfiguren. Und (zumindest für mich) ergeben sich keine einfachen moralischen Urteile:

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Unmoralische Grenzwanderung

Montag, 10. November 2008 17:55

Das Thema Prostitution ist schon alleine schwierig genug. Als liberal denkender Mensch schwankt man leicht zwischen verschiedenen Gedanken und Gefühlen. Auf der einen Seite macht es Sinn, die Situation durch Legalisierung bzw. Entstigmatisierung zu verbessern. Auf der anderen Seite ist das ganze Phänomen irgendwie elend, und zwar für beide Seiten des Handels, und man wünscht sich andere Lösungen — für die Befriedigung des menschlichen Bedürfnisses nach Sexualität ebenso wie für den Lebensunterhalt. Noch komplizierter wird es, wenn gar nicht klar ist, wie sehr man dabei überhaupt für die Betroffenen sprechen kann (siehe unten).

Laut einem Bericht der Süddeutschen Zeitung bzw. jetzt.de kämpfen Studentinnen in der Ukraine gegen den Sextourismus in ihrem Land und das Image als Bordell Europas. Da kommt dann noch ein Schuss Neo-Kolonialismus in die komplizierte moralische Lage. Und ein wenig Kapitalismuskritik, wenn die Prostitution nicht nur das Überleben sichert, sondern auch Luxusgüter finanziert. Oder ist das dann die freie Entscheidung einer jungen Frau und ein schönes Beispiel dafür, wie freier Handel das Wohlergehen aller steigert?

Unanständige Angebote

Für viele Touristen ist jede Ukrainerin eine Nutte“, sagt die 20-jährige Sascha. Die Studentin mit den blonden Haaren kennt das Gefühl, ständig angefasst und wie „ein Stück Fleisch“ angegafft zu werden. Im September ergab eine Umfrage unter 1 200 Studentinnen in Kiew, dass zwei Drittel von ihnen unanständige Angebote von Ausländern bekommen haben. Darüber hinaus gibt es zum Thema Sextourismus kaum offizielle Zahlen. Laut Innenministerium arbeiten 12.000 Prostituierte in der Ukraine – Anna hält die Zahl aber für untertrieben, weil ein großer Teil der Frauen nicht erfasst sei. „Es sind nicht nur Drogensüchtige und arme Frauen, die ihren Körper verkaufen, sondern auch Studentinnen“, sagt sie. Die Mieten in Kiew sind bisweilen doppelt so hoch wie in München und die Stipendien sind karg. Viele Mädchen, sagt sie, kämen mit 17 zum Studium in die Stadt und ließen sich vom Glitzer blenden: iPods gehören ebenso zum Standard wie Taschen von „Gucci“, auch wenn sie nicht echt sind. Viele, so Anna, prostituieren sich für ihr neues Leben.

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Mehr Schlafen

Donnerstag, 2. Oktober 2008 1:21

Ein sehr schöner Aspekt des Lebens hier in „Magic“ sind die gemeinsamen Abendessen, und besonders die buntgemischten Gäste, die oft auftauchen. Alternativ gesinnte Reisende aus aller Welt, aber auch ideologisch weit entfernte Menschen wie ein ehemaliger Pharma-Forscher, der jetzt in einer Venture Capital-Firma ist, teilen sich spärlich gewürzte Bio-Wochenmarkt-Abfälle.

Vor einer Weile hatte ich ein spannendes Gespräch mit einer Biologin und Psychologin aus Stanford, die dabei ist sich mit einer Schlaf-Beratungsfirma selbständig zu machen. Anscheinend erzielt sie erstaunliche Resultate mit Sportlern, indem sie ihren Schlaf optimiert. Und dabei ist das Optimieren gar keine so komplizierte Sache. Der erste und wichtigste Punkt ist: mehr schlafen. Von meiner fürsorglichen Mutter ohnehin regelmäßig ermahnt, das Schlafen nicht zu vergessen, hat mich das so schnell nicht mehr losgelassen. Nicht nur behauptet sie, dass ein normaler Mensch um wirklich gut zu funktionieren ca. 9,5 Stunden Schlaf braucht. Sie sagt auch, dass wir alle mit einem dicken Schlafdefizit herumlaufen, das man sich wirklich wie ein Minus auf dem Konto vorstellen muss, und das Monate braucht um abgebaut zu werden. Dazu lässt sie die von ihr gecoachten Sportler mindestens 10, besser 12 Stunden pro Nacht schlafen. Der Effekt ist eine kontinuierliche Verbesserung in vielen körperlichen und geistigen Leistungsmaßen, bis irgendwann ein neues Plateau erreicht ist.

Ein NYTimes-Artikel hat mich jetzt nochmal mit dem Thema in Berührung gebracht. Zunächst wird eine Beobachtung bestätigt, die ich selbst gemacht habe: Die Schlaffeindlichkeit, die vermutlich tatsächlich alle industrialisierten Kulturen gemeinsam haben, ist hier in Amerika und besonders unter den „High Performern“ in Wirtschaft und Wissenschaft noch mal einen Tick schärfer:

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Abschied von der Ordnungsökonomik — Markt, Lobbyismus und Politik

Freitag, 25. Juli 2008 22:02

In einem Artikel über Obamas Ausstieg aus der staatlichen Parteienfinanzierung hatte ich schon darüber spekuliert, was das für den demokratischen Prozess bedeutet. Es scheint mir relativ klar, dass ökonomisch starke Interessengruppen weit überproportional auf die demokratische Entscheidungsfindung wirken.

Hier haben wir ein konkretes Beispiel dafür: Viele Europäer hoffen auf Obama als Präsident und erwarten einen echten Neuanfang in der amerikanischen Politik von ihm. In vielen Punkten mögen sie recht haben. Im Artikel „Obama Camp Closely Linked With Ethanol“ lesen wir allerdings die Folge davon, dass auch Obama eine Politik machen muss, die seinen Geldgebern passt. Hier handelt es sich um Subventionen für Biokraftstoff aus Mais. In diesem Fall besonders schockierend und schmerzhaft, weil seine Haltung aus verschiedenen Perspektiven komplett irrational und inkonsistent scheint. Erstens haben sich die ökologischen Hoffnungen auf Biokraftsftoffe ziemlich gründlich erledigt. Zweitens befördert er einen weltwirtschaftlich gesehen sehr fragwürdigen Protektionismus gegenüber Biokraftstoff aus Südamerika. Die Rolle der „Biokraftstoffe“ für die weltweiten Nahrungsmittelpreise ist ein weiteres Problem. Die naheliegende Lösung scheitert am Einfluss von Interessengruppen:

Many economists, consumer advocates, environmental experts and tax groups have been critical of corn ethanol programs as a boondoggle that benefits agribusiness conglomerates more than small farmers. Those complaints have intensified recently as corn prices have risen sharply in tandem with oil prices and corn normally used for food stock has been diverted to ethanol production.

“If you want to take some of the pressure off this market, the obvious thing to do is lower that tariff and let some Brazilian ethanol come in,” said C. Ford Runge, an economist specializing in commodities and trade policy at the Center for International Food and Agricultural Policy at the University of Minnesota. “But one of the fundamental reasons biofuels policy is so out of whack with markets and reality is that interest group politics have been so dominant in the construction of the subsidies that support it.”

Meiner Meinung nach entpuppt sich die schöne Idee eines freien, effizienten Marktes, der von einem Ordnung schaffenden Staat eingerahmt wird, immer mehr als Illusion. Weil die Kräfte im Markt ihren eigenen Rahmen zimmern. Stellt sich natürlich die Frage, wie es statt dessen weitergehen kann?

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Zynismus (III) – Päng! Eine erste Definition

Samstag, 17. Mai 2008 14:04

Nachdem ich schon eine Weile immer wieder um das Thema Zynismus kreise wird es langsam reif zum ernten. Ich bin schon sehr gespannt, wohin sich meine Gedanken wenden, wenn die großen –ismen (Kapitalismus und Zynismus) erstmal versorgt sind. Ich meine damit natürlich nicht, dass ich sie in den nächsten Monaten komplett durchdrungen haben werde. Aber ich glaube, es zeichnet sich ein Punkt ab, wo sich Zwischenergebnisse formulieren lassen, die dann erstmal „alleine“ weiter reifen müssen.

Nachdem der Kapitalismus schon seinen ersten großen Beitrag erhalten hat folgt jetzt der Zynismus, vorbereitet war es ja schon.

Dieser erste „große“ Zynismusbeitrag ist noch nicht wirklich meine eigene Position, sondern eine Zusammenfassung dessen, was Slotderdijk über Zynismus schreibt. Angesichts des Umfangs von Slotderdijks Werk bin ich darauf aber doch schon ganz stolz, und bin gespannt auf Reaktionen von Lesern — inwiefern passt die Beschreibung zu eurem Erleben eurer Selbst und der Umwelt?

Entstanden ist die Zusammenfassung als Einleitung für eine kulturpsychologische Auseinandersetzung mit dem Thema im Kolloqium an der Uni. Die ganze Hausarbeit gibt es hoffentlich bald auch hier, je nach Fertigstellung und Absprache mit meinen Mitautorinnen.

Aber genug der Vorrede: Was ist Zynismus im Sinne Sloderdijks?

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Mensch und Markt — Kapitalismus aus einer psychologischen Perspektive

Mittwoch, 16. April 2008 18:06

mal wieder ein Doppel-Post mit dem Zunehmenden Grenznutzen – Ein Besuch lohnt sich ;-)

Abstract: Der folgende Artikel geht zunächst auf die emotionale Anziehungskraft und Eleganz marktwirtschaftlicher Theorien ein. Es wird die These aufgestellt, dass unsere heutige Gesellschaft dennoch weniger freien Markt braucht. Eine geplante Beitragsreihe wird kurz vorgestellt, die diese These erläutern wird. In diesem ersten Beitrag wird entsprechend ausgeführt, dass im komplexer werdenden freien Markt die Konsumenten wachsende Kosten der Informationsbeschaffung zu tragen haben, dennoch strukturell oft nicht das bekommen können, was ihren Bedürfnisse entspräche, und ihre Bedürfnisse künstlich verändert werden.

Ich denke (und hoffe!) jede Studentin und jeder Student, der oder die sich mit den Wirtschaftswissenschaften befasst, kennt den eigentümlichen Zauber, der von Markttheorien ausgeht. Es ist die einzige mir bekannte sozialwissenschaftliche Theorieschule, die es an Eleganz mit physikalischen Formeln aufnehmen kann. Nur wenige Prämissen über den Menschen sind nötig, und es lässt sich ein System entwerfen, in dem aus dem egoistischen Streben jedes Einzelnen das größte Wohl für alle hervorgeht.

Natürlich, diese Prämissen zu akzeptieren verlangt oft, beide Augen fest zuzudrücken, sich weit von der eigenen Erfahrung zu entfernen. Allerdings lehrt uns die VWL-nahe Wissenschaftstheorie: Auch eine Theorie mit fehlerhaften Prämissen kann gut sein, wenn sie gute Vorhersagen macht. Nachdem die marktwirtschaftlichen Theorien sich diesbezüglich in vielen Bereichen ja gut schlagen, bleibt nur eine gewisse Verwunderung (oder Trauer), dass die politischen Maßnahmen, die sich aus ihnen ableiten lassen, bei Politiker und Wählern wenig Gegenliebe finden und nie in der Reinheit und Konsequenz, die ein Wirtschaftswissenschaftler richtig fände, umgesetzt werden.

Diese fehlende Umsetzung ist vielleicht aber auch ein Glück für die Markttheorien: sie erspart ihnen die entscheidende Bewährungsprobe. Denn ich bin überzeugt, dass sie an dieser Bewährung scheitern würden — weil ihre Annahmen über die Natur des Menschen, aus dem sich das wirtschaftliche System aufbaut, grob fehlerhaft sind, und diese Fehler nicht nur zu geringfügigen Unregelmäßigkeiten führen, wie sie allgemein anerkannt sind, sondern dem System eine ganz andere Dynamik und Richtung geben.

Und ich bin überzeugt, dass diese Mängel mit zunehmender Komplexität und Differenziertheit stärker ins Gewicht fallen. Woraus ich folgere, dass wir nicht nur davon absehen sollten, unser Wirtschaftssystem weiter an eine ideale Marktwirtschaft anzunähern, sondern in vielen Bereichen einen entgegengesetzten Weg beschreiten sollten.

Mehr Markt, mehr Konkurrenz, mehr Kapitalismus bedeuten für die heutige Welt schärfere soziale Ungleichheit, Stress und Leistungsdruck für den Einzelnen, ein Abschwächen von sozialem Verhalten und Verstärken von Egoismus. Produktion und Konsum entfernen sich immer weiter von den eigentlichen Bedürfnissen der Menschen und das politische System wird zunehmend von Akteuren der ökonomischen Sphäre beeinflusst, was es etwa erschwert, Ökologie und Klimaschutz im nötigen Maße voranzutreiben.

Diese Thesen werde ich in diesem und einer kleinen Reihe weitere Beiträge zu belegen versuchen, indem ich die Psychologie des Marktes aus verschiedenen Perspektiven beleuchte: Zunächst die psychologischen Eigenschaften des Menschen in seiner Rolle als Konsument, und die Folgen daraus für die Marktwirtschaft. Dann (in späteren Beiträgen) die „Psyche der Unternehmung“ bzw. des Menschen in seiner Rolle als Arbeiter, Angestellter, Manager, Unternehmer, weiterhin die „Eigendynamik des Eigennutzes“ bzw. die Folgen der Marktwirtschaft für den Menschen als soziales Wesen, und schließlich die Verflechtung von Wirtschaft und Politik.

Doch hiermit genug der Vorrede und auf ins erste Kapitel:

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