Die Arbeit – erste Woche

Eine Arbeitswoche liegt jetzt hinter mir, ein guter Zeitpunkt für eine erstes Résumé. Obwohl Tom Roth ein Professor an der Stanford Medical School ist hat er Büros und Labore im „VA Hospital“, so die landläufige Abkürzung des „Veterans Affairs Palo Alto Health Care System“. Das Gelände mutet ziemlich militärisch an, es gibt eine eigene Polizei auf dem Gelände, und andere Praktikanten haben schon gewaltig Ärger bekommen, weil sie Fotos gemacht haben… Trotzdem ein Schnappschuss aus meinem Fenster, der einen ganz guten Eindruck von der Wüstenstimmung gibt, die da herrscht:

Das Militärische und Veteran-Sein nehmen auch sonst einen großen Raum ein. Interessant ist z.B. ein großes Bronzekunstwerk vor dem Haupteingang, das einen Adler darstellt, der mit einer Schlange ringt, mit einem Schriftzug darunter, ein Zitat von Abraham Lincoln voller Pathos: „To care for him who shall have borne the battle and for his widow, and his orphan.“

Veteranen sind im Übrigen wirklich kein schöner Anblick, und ich bin fast froh, dass mein Visum keinen Patientenkontakt erlaubt. Und staune und kann es nicht recht fassen, wie man mit diesem Gesicht des Krieges berufsmäßig konfrontiert sein kann, und trotzdem Krieg richtig finden. Naja, wahrscheinlich erklärt die gute alte Dissonanztheorie das alles: Eine Sache, für die man so große Opfer gebracht hat, kann man unmöglich falsch finden.

Ich bin jedenfalls ganz froh, dass der schlimmste Aspekt meiner Arbeit ist, Nachmittags den Rolladen schließen zu müssen, um nicht im Büro gegrillt zu werden. Wobei das nicht wenig schlimm ist, wenn die Sonne draußen so lacht und man drinnen in Neonröhrenlicht neben einer brummenden Klimaanlage sitzt. Vormittags versuche ich so lange wie möglich das Tageslicht reinzulassen:

Und ich sollte mich echt bemühen, früher in der Arbeit zu sein, und dann Nachmittags an die Sonne zu gehen statt sie abzuschirmen.

Die Arbeit selbst war in der ersten Woche sehr abwechslungsreich und lehrreich. Ein bisschen Literaturrecherche sowohl zu inhaltlichen Dingen als auch methodisch, worüber ich dann gleich eine kleine Präsentation im „lab meeting“ zu halten hatte. Und dann ging es ans MATLAB-Programmieren. Ein bisschen wie ein angestaubter Verwandter von R, das sich mittlerweile zu meiner Lieblings-Statistiksoftware entwickelt hat. Naja, viel Konkurrenz gibt es ja nicht.

Jedenfalls lerne ich die Sache sehr fix. Und gerate in zwei innere Konflikte. Erstens schwanke ich hin und her zwischen einer sehr kindlichen, reinen Freude an den abstrakten Spielereien und Gedankenwindungen, die da nötig und möglich sind einerseits, und dem Bewusstsein dass das alles irgendwie leer ist, ein Spiel eben, und dass alles was ich nach einem anstrengenden Arbeitstag produziert habe ein paar andersrum gedrehte Magnete auf einer Festplatte sind. Zweitens hat Tom heute die ersten Bücher aus dem Zimmer der Doktorandin zu mir gebracht, mit Aufgaben die eigentlich sie machen sollte. Und sie scherzt, dass ich sie bald ersetze. Was natürlich Quatsch ist, aber eben auch nicht nur Spaß. Und ich befürchte, dass ziemlich bald der Punkt kommt, wo meine Freude, die Sache gut zu machen, mit Loyalität gegenüber einer freundlichen Helferin, und möglicherweise einem guten Arbeitsklima, in Konflikt gerät.

Naja, ich warte mal ab, und bin gespannt auf die weiteren Dinge. Ein bisschen handwerkliches Geschick wird wohl bald von mir verlangt werden, wenn Geräte für eine neue Studie modifiziert werden sollen, wozu man löten muss. Ansonsten werde ich wohl immer tiefer in die Datenberge graben. Ob ich vielleicht tatsächlich noch dazu komme, selber ein Paper über die Sachen zu schreiben, die da zu Tage gefördert werden?

Tags »

Autor:
Datum: Dienstag, 12. August 2008 7:51
Trackback: Trackback-URL Themengebiet: Stanford

Feed zum Beitrag: RSS 2.0 Kommentare und Pings geschlossen.

Keine weiteren Kommentare möglich.