Stanford, ohoho

Pünktlich zum Ende meines Praktikums (naja, zum Glück etwas früher) fängt hier in Stanford der Vorlesungsbetrieb wieder an. Und ich komme aus den muffigen VA-Gebäuden in die feine feine offene und grüne Atmosphäre des Stanford-Campuses, die mir bald eine eigene kleine Fotoserie wert sein wird.

Die erste erstaunliche Sache ist das Konzept uni-interner Dienstleistungen. Schon vorher hatte ich mit dem „Bio-Statistician Helpdesk“ Kontakt, der Biowissenschaftler bei der Datenanalyse unterstützt. Und jetzt: Eine eigene Institution, die Sozialwissenschaften methodisch fit machen und vernetzen soll. Wow!

Vor der Vorlesung wird Pizza ausgegeben, und dann gibt es eine knackige Stunde Vortrag. Man hat ja schließlich Arbeit. Es ist den Leuten nicht anzusehen, wo in Karriere und Hierarchie sie gerade stehen. Die junge Asiatin neben mir wird wohl morgen eine andere Vorlesung mit ähnlichem Thema, noch spezifische auf Psychiatrie zugeschnitten, halten. Ansonsten wimmelt es von jungen Doktoranden und vermutlich Dozenten.

Der Vortragende von heute ist Politikwissenschaftler. Extrem pfiffig unterweges, das Outfit würde jede BWLer vor Neid erblassen lassen. Er hat natürlich einen hübschen Mac dabei, und eine klare, elegante Keynote-Präsentation. Der Vortrag ist lustig, anschaulich (nicht vergessen: Wir reden hier über ziemlich abgefahrene und abstrakte Statistik!) und hält einige Aha-Erlebnisse bereit. Es werden Baseball-Statistiken vorhergesagt, und der Einfluss des sozioökonomischen Status auf die Matheleistungen, abhängig von Schulart und dem mittleren sozioökonomischen Status der Schule. Puh! Ich verlasse den Raum mit dem Gefühl, den zentralen Gedanken einer neuen statistischen Methode, die gerade wohl sehr im Kommen ist, verstanden zu haben, und richtig Lust mich weiter damit zu beschäftigen.

Und ich bedaure enorm, dass ich kein Foto machen konnte von dem Anblick, der sich mir im Rausgehen bot: Der schnieke junge Dozent im Gespräch mit dem Dozenten von nächster Woche, so ziemlich seinem genauen Gegenteil: Im Wesentlichen ein Typ wie die Leute, die was-auch-immer aus den Mülltonnen in San Francisco angeln. Zottelige graue Haare, schmuddelige Baseballkappe, schlampige Kleidung, eine runde, richtig schwarze Sonnenbrille, ein nervöses beinahe-Stottern. Aber eine nette, lustige Ausstrahlung. Und er klingt durchaus, als ob er wisse von was er redet.

Dass hier Platz ist für solche Leute nebeneinander und sogar miteinander mag einer der Gründe sein, dass Stanford anscheinend als einzige der Top-Unis auch in Rankings über „glückliche“ Studenten ganz oben dabei ist. Beeindruckend, auch wenn der Wissenschaftler in mir natürlich gleich wissen möchte, wie hier bitte „glücklich“ operationalisiert wurde…

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Datum: Freitag, 26. September 2008 9:13
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