Beiträge vom 26. September 2008

Stanford, ohoho

Freitag, 26. September 2008 9:13

Pünktlich zum Ende meines Praktikums (naja, zum Glück etwas früher) fängt hier in Stanford der Vorlesungsbetrieb wieder an. Und ich komme aus den muffigen VA-Gebäuden in die feine feine offene und grüne Atmosphäre des Stanford-Campuses, die mir bald eine eigene kleine Fotoserie wert sein wird.

Die erste erstaunliche Sache ist das Konzept uni-interner Dienstleistungen. Schon vorher hatte ich mit dem „Bio-Statistician Helpdesk“ Kontakt, der Biowissenschaftler bei der Datenanalyse unterstützt. Und jetzt: Eine eigene Institution, die Sozialwissenschaften methodisch fit machen und vernetzen soll. Wow!

Vor der Vorlesung wird Pizza ausgegeben, und dann gibt es eine knackige Stunde Vortrag. Man hat ja schließlich Arbeit. Es ist den Leuten nicht anzusehen, wo in Karriere und Hierarchie sie gerade stehen. Die junge Asiatin neben mir wird wohl morgen eine andere Vorlesung mit ähnlichem Thema, noch spezifische auf Psychiatrie zugeschnitten, halten. Ansonsten wimmelt es von jungen Doktoranden und vermutlich Dozenten.

Der Vortragende von heute ist Politikwissenschaftler. Extrem pfiffig unterweges, das Outfit würde jede BWLer vor Neid erblassen lassen. Er hat natürlich einen hübschen Mac dabei, und eine klare, elegante Keynote-Präsentation. Der Vortrag ist lustig, anschaulich (nicht vergessen: Wir reden hier über ziemlich abgefahrene und abstrakte Statistik!) und hält einige Aha-Erlebnisse bereit. Es werden Baseball-Statistiken vorhergesagt, und der Einfluss des sozioökonomischen Status auf die Matheleistungen, abhängig von Schulart und dem mittleren sozioökonomischen Status der Schule. Puh! Ich verlasse den Raum mit dem Gefühl, den zentralen Gedanken einer neuen statistischen Methode, die gerade wohl sehr im Kommen ist, verstanden zu haben, und richtig Lust mich weiter damit zu beschäftigen.

Und ich bedaure enorm, dass ich kein Foto machen konnte von dem Anblick, der sich mir im Rausgehen bot: Der schnieke junge Dozent im Gespräch mit dem Dozenten von nächster Woche, so ziemlich seinem genauen Gegenteil: Im Wesentlichen ein Typ wie die Leute, die was-auch-immer aus den Mülltonnen in San Francisco angeln. Zottelige graue Haare, schmuddelige Baseballkappe, schlampige Kleidung, eine runde, richtig schwarze Sonnenbrille, ein nervöses beinahe-Stottern. Aber eine nette, lustige Ausstrahlung. Und er klingt durchaus, als ob er wisse von was er redet.

Dass hier Platz ist für solche Leute nebeneinander und sogar miteinander mag einer der Gründe sein, dass Stanford anscheinend als einzige der Top-Unis auch in Rankings über „glückliche“ Studenten ganz oben dabei ist. Beeindruckend, auch wenn der Wissenschaftler in mir natürlich gleich wissen möchte, wie hier bitte „glücklich“ operationalisiert wurde…

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Amerikanische Nachrichtenkultur

Freitag, 26. September 2008 8:24

Keine Angst liebe Freunde, das wird kein zynischer Beitrag. Das ist ein Hinweis, den ich lustigerweise ursprünglich selbst über den Verteiler unserer guten Freunde von AID (Spezialisten in verbaler Armutsbekämpfung) bekommen habe. Es geht um die „Daily Show with Jon Stewart“, eine satirische Nachrichtensendung. Hier eine Sendung, die die große Bankenkrise, Präsidente Bush und hoffentlich-nicht-Präsident McCain abdeckt: 25.9.2008. Eine Seitenhieb auf die dunkle Seite Nachrichtenwesen in Gestalt von Fox News ist aber doch dabei, für alle die „Nachrichtenkultur“ und „amerikanisch“ zusammen eher als dissonant klingend empfinden.

Die Sendungen sind übrigens alle umsonst im Netz zu sehen, respekt!

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Amerikanische Party

Freitag, 26. September 2008 7:27

Meine Zeit hier neigt sich definitiv dem Ende entgegen. Ich merke das daran, dass ich schon ziemlich genau weiß, was ich in der restlichen Zeit machen werde: Noch diese und zwei weitere Wochen Praktikum, davon eine halbe Woche in Austin, Texas, auf einem Kongress, und einige Kurse in Stanford (heute war ich im ersten, dazu später mehr, sehr aufregend…), richtig groß arbeiten werde ich wohl gar nicht mehr.

Nächstes Wochenende ist ein Rad-Wander-Ausflug in die Marin Headlands gleich auf der anderen Seite der Golden Gate Bridge angesagt, danach bin ich einschließlich Wochenende auf der erwähnten Konferenz. Dann ist praktisch schon mein Abschied von Magic angesagt, wir werden wohl auch nochmal eine schöne Wanderung zusammen unternehmen. Dann erste „Ferienwoche“, ich werde noch ein oder zwei Städte anschauen, mindestens Berkley, das soll ganz formidabel zu meiner Lebenseinstellung passen. Ist als Hippiestadt verrufen… :-) Danach bin ich sehr gespannt auf einen mehrtägigen Ausflug in den Redwood Nationalpark mit einer sehr großen Gruppe, Tom (der Professor hier), seine Kinder mit deren Kindern, und einige Freunde ebenfalls mit Familien. Anscheinend ist das eine Tradition von denen, eine sehr schöne wie ich finde. Und dann zur sanften Einstimmung auf die Heimat noch ein paar Tage mit Mona und Wolli aus München, oh wie ich mich freue!

Naja, jedenfalls ist die nächste Zeit damit sehr überschaubar, und es wird Zeit für ein paar rückblickend-resümierende Artikel. Nachdem ich bisher nicht gehalten habe, was der Titel dieses Beitrags verspricht, komme ich damit endlich auf die amerikanische Partykultur zu sprechen. Denn davon werde ich wohl nicht mehr viel haben, hatte aber auch schon eine gute Portion :-)

Mein Erleben ist gespalten in der Hinsicht. Zum einen ist es so, dass San Francisco wirklich die besten Clubs und Diskos aufwartet, die ich in meinem kurzen Leben besuchen durfte. Sehr sehr gute, wunderbar tanzbare Musik, gute Stimmung, schöne Örtlichkeiten. Mit einer Gruppe lustiger Leute kann man es sich da unglaublich gut gehen lassen. Zum anderen ist die Art und Weise, wie das Feiern hier angegangen wird, offen gestanden so ziemlich die Potenz dessen, was mir schon an Partys zu Hause oft nicht gefällt. Da ist erstens das leidige Thema Alkohol. Noch mehr als bei uns scheint der hier gerne mit guter Laune verwechselt zu werden und kann als Synonym für Party verstanden werden. Das Vorglühen, hier „pregaming“ genannt, ist so ausgefeilt dass man wirklich schon richtig betrunken ausgeht. Was nicht heißt, dass man dann nicht weiter trinkt…

Ich glaube, betrunken sein wird hier in ganz anderen Kategorien gehandelt. Ich habe bei einem Anlass ein wenig mitgetrunken (ein wenig heißt hier: deutlich weniger als die Mädels…). Und als mir schon deutlich schwindlig war ging es da erst richtig los. Autsch. Tatsächlich existiert eine ausgefeilte Skala des Betrunkenheitsgrads, auf der ich definitiv noch in den unteren Ebenen zu suchen war.

Danach ging es weiter zu einer weiteren Runde der Vorbereitung des Tanzengehens. Die angetrunkene Meute stürmt ein japanisches Lokal und bestellt japanisches Bier und Sake. Der kleine Sake-Becher wird dann mit Stäbchen über einem Bierglas aufgestellt, alle gemeinsam zählen bis drei (auf japanisch, versteht sich), rufen die magischen Worte die gleichzeitig dem Spiel seinen Namen geben: „Sake Bomb“, und hauen auf den Tisch. Danach wird das widerwärtige Gemisch heruntergestürzt. Überhaupt trinkt man hier viel starke Sachen und stürzt sie schnell runter. Das „es schmeckt doch gut“ Argument, das ich schon immer nicht ganz nachvollziehen konnte, ist hier offiziell fallen gelassen.

Das klingt jetzt alles ziemlich abwertend. Ich kann es mir nicht verkneifen, mit einem Bild zu demonstrieren, dass es mir so schlecht doch nicht gefallen hat. Ich weiß nicht, was ich bemerkenswerter finde, die zwei Mädchen oder meinen Gesichtsausdruck ;-)

Nachdem dieser Abend also eine interessante und auch schöne Erfahrung war, habe ich weiteren Alkohol verzichtet und zwischen Tanzen und Gesprächen wie gewohnt einen guten Platz gefunden. Wobei die Atmosphäre generell nicht so unterhaltungsfreundlich ist. Selbst in Lokalen, wo nicht getanzt wird, ist die Musik so laut, dass einem außer trinken eigentlich nichts zu tun übrig bleibt. Oder vielleicht soll das die Annäherung fördern, weil man sich die Sätze ins Ohr schreien muss?

Im Bereich zwischenmenschlicher Annäherung passieren nämlich auch eine Menge interessante Sachen hier. Jetzt habe ich aber schon so viel geschrieben, dass ich das nicht mehr in der gebührenden Ausführlichkeit schildern könnte. Hier seien nur verheißungsvoll die Worte „hookup“ und „homerun“ in den Raum geworfen und eine baldige Fortsetzung versprochen. Und auf meine Blog-Hauptseite verwiesen, wo ich einige politische Beobachtungen platziert habe. Ich bitte um Verzeihung für das Hin und Her, aber Ihr sollt mein „normales“ Blog sowieso auch lesen! :-)

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