Beiträge vom 30. August 2007

Nice work if you can get it

Donnerstag, 30. August 2007 18:23

Das Lied des Tages, wundervoller Text, wundervolle Melodie (überhaupt muss ich sagen, dass meine „Best of Gershwin“-Doppel-CD unbestritten unter die schönste Musik der Welt einzuordnen ist!):

Ella Fitzgerald — Nice Work If You Can Get It

Ah… Werft einen Blick auf den tiefsinnigen Text:

The man who only lives for making money

Lives a life that isn’t necessarily sunny

Likewise the man who works for fame

There’s no guarantee that time won’t erase his name

The fact is, the only work that really brings enjoyment

Is the kind that is for girl and boy meant

Fall in love and you won’t regret it

That’s the best work of all, if you can get it

Holding hands at midnight

Neath a starry sky

Nice work if you can get it

And you can get it if you try

Strolling with the one girl

Sighing sigh after sigh

Nice work if you can get it

And you can get it if you try

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Arzneimittelforschung

Donnerstag, 30. August 2007 13:36

Schon einige Zeit schlummert ein Artikel aus der SZ in meiner „zu bearbeiten“-Abteilung. Um genau zu sein seit dem 18. Mai 2007… Er hat an Aktualität nichts verloren.

Dass Pharmakonzerne große Summen in die Forschung investieren ist bekannt. Ebenso, dass sie die Ausgaben mit patentgeschützten Produkten wieder erwirtschaften. Und auch dass dabei Produkte, die von wenig zahlungskräftigen Patienten, etwa in der dritten Welt, gebraucht würden, auf der Strecke bleiben. In einem Interview mit Tido von Schön-Angerer von der Organisation Ärzte ohne Grenzen erfährt man einige konkrete Zahlen hierzu:

SZ: Welche Rolle spielt der afrikanische Kontinent für die Industrie?

Schön-Angerer: Der Absatz in Afrika macht ein Prozent des pharmazeutischen Weltmarktes aus. Deshalb bestehen kaum Anreize, die Entwicklung von Medikamenten gegen armutsbedingte Krankheiten voranzutreiben.

SZ: Wie viel investieren die Konzerne in Arzneien gegen Tropenkrankheiten?

Schön-Angerer: Sehr wenig. Nur ein Prozent von allen echten Innovationen galten in den letzten Jahren den vernachlässigten Krankheiten.

Eigentlich müsste ich jetzt in eine längere Abhandlung über Marktmechanismen übergehen. Aus dem VWL-Nebenfach weiß ich, dass man dort versucht, Umverteilung und Güterbereitstellung getrennt voneinander zu denken. Das Problem ist also nicht, dass Medikamente für die Kunden entwickelt werden, die bereit sind dafür Geld auszugeben. Sondern dass die Menschen in der dritten Welt kein Geld haben. Kein Marktproblem, sondern ein politisches Problem also…

Und ohne weiter auszuholen möchte ich anmerken, dass dieses Problem tatsächlich nicht in den Kern meiner Kapitalismuskritik fällt, zu der ich demnächst einen erweiterten Grundriss online stellen will.

Trotzdem sehen auch Ökonomen Möglichkeiten, das Angebot besser an den realen Bedarf anzupassen:

Schön-Angerer: Experten wie der Nobelpreisträger Joseph Stiglitz diskutieren Versuche und Modelle, um die Entwicklungskosten einer Arznei nicht über den Preis gegenzufinanzieren. Sie können die Entwicklung etwa vorfinanzieren lassen. Möglich ist auch das Ausschreiben von Preisgeldern — bevor an einem Medikament geforscht wird. Wer das Mittel in solch einem Forschungswettbewerb liefert, bekommt das Geld.

SZ: Das klingt sehr vage. Wer soll die hohen Investitionskosten tragen?

Schön-Angerer: Dieselben Menschen, die die hohen Investitionskosten heute schon bezahlen. Menschen wie Sie und ich, über Steuern und Versicherungen.

Ohne den Markt ganz umkrempeln (quasi entmarkten) zu wollen scheint das der einzige Weg zu sein: dafür zu sorgen, dass sich mit dem, was dringend gebraucht wird, auch am meisten Geld verdienen lässt. Ob wir (will heißen: Staat, Bürger, Steuerzahler) so viel ausgeben können, wie sich mit der Behandlung von Zivilisations-Mode-Krankheiten verdienen lässt scheint mir allerdings fragwürdig.

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Bewusstsein

Donnerstag, 30. August 2007 1:24

Die ZEIT, ein Gespräch mit dem Philosophen Thomas Metzinger von der Uni Mainz. Thema ist die Suche nach der menschlichen Seele, seine Position neuro-naturwissenschaftlich-pragmatisch. Auf die Frage „können wir uns von der Evolution emanzipieren“ antwortet er auf herrliche Weise nicht. Völlig an der Frage vorbei bringt er zwei Dinge so schön auf den Punkt, dass er Anlass zur neuen Kategorie „Einfach gesagt“ gibt…

Was übrigens nicht heißt, dass ich in seinen Aussagen der Weisheit oder Wahrheit letzten Schluss sehen würde. Aber sie sind echt schön!

Unser bewusstes Selbstmodell hat einen räumlich kodierten Teil, das Körperbild, und einen „außersinnlichen“, das Denken. Darum sind wir intuitive Dualisten. (DIE ZEIT Nr. 34, 16.08.2007)

Jetzt wissen wir also, wie diese Idee in die Welt kam :-) toll.

Zweitens beherrscht uns ein tief in unser Selbstmodell eingebrannter biologischer Imperativ: Du darfst nicht sterben, du musst überleben. Und drittens haben wir bewusste Gedanken, und der präfrontale Kortex, unser kognitives Selbstmodell, sagt uns: Der größte anzunehmende Unfall, der wird kommen, auch für dich. Das ist der existenzielle Riss im Selbstmodell. (ebenda)

Aua. Den Riss kann man fühlen… Wundervoll.

An der Stelle übrigens mal ein großes Lob für DIE ZEIT, deren Artikel ich gerne auf Papier lese, aber alle im Internet finde um sie hier zu verlinken!

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Was Tiere fühlen

Donnerstag, 30. August 2007 0:13

Immer noch am Lesen der alten ZEIT (hihi) bin ich gerade an einem Veganismus– und Tierschutz-relevanten Artikel. Den reißerischen Titel in der ZEIT, „Der Schmerz der Schweine“ setze ich nur hierher um meine veganismus-gesättigten Leser nicht zu vergraulen;-)

Im Kontext einer öffentlichen Diskussion über die Kastration von Zuchtschweinen finden sich folgende interessante Erkenntnisse:

Immer noch sind im deutschen Tierschutzgesetz zahlreiche Eingriffe an Tieren ohne Betäubung zulässig, etwa Kastrationen nicht nur bei Schweinen sondern auch von Rindern, Schafen, Ziegen, das Kürzen von Schwänzen, Abschleifen von Zähnen und die Amputation eines Zehengliedes bei Küken. Schlimm, dass unsere Gesellschaft eine Tierhaltung von einer Intensität zu brauchen glaubt, in der solche Eingriffe nicht nur nötig sind, sondern auch noch so billig sein müssen, dass sie ohne Betäubung stattfinden müssen.

Die Zeit zitiert den Biologen und Spezialisten für Tierschutz und Ethologie mit den weisen Worten: „… unsere Tierschutzethik ist eben eine utilitaristische Ethik, bei der abgewogen wird zwischen der Qual für das Tier und dem Nutzen für den Menschen“ (Der Schmerz der Schweine, ZEIT Nr. 34, 16.8.2007). Das klingt natürlich hart, aber der Utilitarismus an sich ist eine philosophische Strömung, die man meiner Meinung nach besonders für die politische Praxis nicht einfach als herzlos abtun sollte. Denn im Wesentlichen passiert in der Politik genau das, die Abwägung von Interessen. Schlimm finde ich hier, dass offensichtlich der Nutzen für den Menschen mit einem unglaublich viel höheren Gewicht in die Berechnung eingeht als die Qual der Tiere. In diesem Sinne kann man sagen, dass auch der Name „Tierschutzgesetz“ zu einem guten Teil Augenwischerei ist — gerade in diesem Gesetz wiegen die Vorteile bei der Tiernutzung sehr schwer gegenüber dem Schutz der Tiere, was die vielen Ausnahmen (siehe oben) belegen.

Ins philosophische gerät die Diskussion bei der Frage, was Tiere denn nun wirklich fühlen, und in welchem Alter. Die Ausnahmen gelten nämlich oft nur für junge Tiere, denen man damit die Empfinungsfähigkeit abspricht. Freuen kann man sich nun über die Tatsache, dass erstens den älteren Tieren indirekt Empfindungsfähigkeit zugesprochen wird. Und außerdem daran, dass dieser Irrtum auf einer Analogie zum Menschen beruht, wie die Tierärztin Susanne Zöls von der LMU München erklärt: „In der Humanmedizin gab es lange die Auffassung, dass schmerzverarbeitende Srukturen bei Säuglingen noch nicht so gut ausgebildet sind. Dieser mittlerweile veraltete Gedanke wurde für die Tiermedizin übernommen und beibehalen. Deshalb hält man es immer noch für gerechtfertigt, junge Tiere einem solchen Eingriff bei vollem Bewusstsein auszusetzen.“ (ebenda). Diese Annahme hat sie selbst in Studien mit Schweinen widerlegt, eine tierexperimentelle Forschung über deren ethische Vertretbarkeit zu urteilen dem Tierschützer natürlich nicht leicht fällt.

Andere Länder finden übrigens verschiedene Lösungen für dieses Dilemma. In Norwegen ist betäubungslose Kastration seit 2002, die Kastration an sich ab 2009 verboten. In Großbritannien praktiziert man „Kurzmast“ und isst die Eber einfach schon vor der Pubertät…

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