Bisphenol A — Wirtschaft, Wissenschaft, Politik
Ich hoffe, dass die Nachrichten über diese Sache bald ein Ende haben — nachdem ich schon vor drei Jahren darüber gelesen habe bin ich wohl sensibilisiert, und stolpere immer wieder über einen Artikel. Nachdem sich am Beispiel Bisphenol A sehr gut die Gefahren von industriefinanzierten wissenschaftlichen Studien zeigen ließen, und in den USA die Regulierung voranschritt, liefert die Substanz jetzt den Anlass für einen Artikel in der ZEIT über die Verquickung der EU-Lebensmittelbehörde EFSA mit der Industrie. Viele Mitglieder sind gleichzeitig einer Organisation der Chemie– und Lebensmittelindustrie. Entsprechend lax fallen ihre Regulierungen aus:
Die EFSA, meint darum Sarah Häuser, Chemieexpertin der Umweltorganisation BUND, sei „regelrecht unterwandert“. Die im September noch einmal bestätigte Entscheidung der Behörde zur Unbedenklichkeit von BPA zeige „deutlich, dass die interessierte Industrie dort mehr Gehör findet als unabhängige Forscher.“ Diesen Eindruck bestätigt auch Andreas Gies, Fachmann für Umweltchemikalien beim Umweltbundesamt (UBA). Die EFSA stütze sich fast ausschließlich auf Studien, die von der Industrie bezahlt seien und „die Finanzierung bestimmt das Ergebnis“, klagt Gies.
Die Argumentation der EFSA treibt laut dem Toxikologen Gilbert Schönfelder von der Berliner Charité wilde Blüten:
Im Tierversuch sei nachgewiesen, dass BPA die Fruchtbarkeit mindern und das Erbgut verändern könne. Darum sei es „nicht akzeptabel“, dass die EFSA-Experten mehr als 80 Studien über BPA-Funde im menschlichen Blut aus der Bewertung ausschließen und so die tatsächliche Belastung im Alltag unterschätzen, klagt er. Zur Begründung heißt es in den EFSA-Gutachten, die Messungen seien ungenau und mit den bekannten Aufnahmepfaden nicht erklärbar – nach Meinung von Schönfelder eine unhaltbare Argumentation. „Wenn die Daten der Hypothese widersprechen, dann muss die Hypothese zurückgewiesen werden, nicht die Daten“, forderten er und vier weitere Toxikologen.
Nachdem insgesamt die Hinweise sehr stark sind, dass die Geldgeber einen großen Einfluss auf die Ergebnisse von wissenschaftlichen Untersuchungen haben, wüsste ich wirklich gerne, wie der zustande kommt. Ich bin jemand, der grundsätzlich ungern böse Absicht unterstellt. Aber wenn es daran nicht liegt, müsste das nicht heißen, dass die wissenschaftliche Methodik so schwach ist, dass sehr subtile Vorannahmen und Motive der Forschenden derart durchschlagen können? Keine schöne Vorstellung.