Ankunft in Indien — Auroville
Wow. Ich hätte nicht gedacht, dass Indien schon nachts um 3 so chaotisch ist. Aber der Reihe nach. Der Flug war erstaunlich angenehm, ich muss ziemlich viel geschlafen haben. Dann war ich schon vom Flughafen selbst überrascht, ziemlich heruntergekommen, ich dachte sowas wäre eher noch eine Art internationaler Raum. Auch die Mehrheit der Reisenden sah nicht nach wohlhabenden Geschäftsleuten aus, müssen es ab er ja doch irgendwie gewesen sein, viele Inder scheinen in Dubai guten Mittelstandsjobs nachzugehen, ich hatte einen sehr netten Sitznachbarn auf dem Stück Flug. Wobei eine Menge Gepäck aus Pappkartons irgendwelcher Elektrogeräte bestand, in Plastikfolie eingeschlagen. Der nächste Eindruck:
Eine Menge offizielles Personal in verschiedensten Uniformen, und ziemlich viele Waffen. Das Einreise– und Zollformular mit der Übung des Visaantrags ausgefüllt — teilweise hätte ich die Fragen nochmal nachschauen müssen, wird aber alles nicht so genau genommen. Und war dann sehr erleichtert, dass bei aller Improvisationsfreude, die hier stark ausgeprägt zu sein scheint, ein sehr dunkler Inder pünktlich am Ausgang stand und ein schönes handgemaltes Schild hochhielt: „Welcome to Auroville, Christoph“
Leider blieb sein gesprochenes Englisch weit hinter dem zurück, was seine E-Mails vermuten ließen, und so waren unsere Gespräche auf der fast dreistündigen Autofahrt kurz und radebrechend. Entsprechend war ich auch ziemlich unsicher, als er nach einer Weile für eine Pause an einem „Hole in the Wall“ Imbissstand direkt an der Autobahn anhielt und zwei Chais bestellte. Hat gut geschmeckt und meiner Gesundheit nicht geschadet, und nachdem ich lange genug freundlich lächelnd „no Rupees“ gesagt hatte, hat der Verkäufer irgendwann meinen Ein-Dollar-Schein angenommen, und dann auch noch freudestrahlend.
Das Auto war super, ich hatte es vorher auf der Internetseite auswählen können (jaja, Indien!) und mich für einen Ambassador entschieden (Bild weiter unten), was der Taxifahrer als erstes freudig kommentiert hat. Ein solides Alltagsauto mit Dieselmotor, kam mir ein bisschen wie die Ente Indiens vor. Die Straße und Fahrweise haben meine Fähigkeiten als entspannter Beifahrer zum äußersten strapaziert. Es scheint üblich zu sein, sich bei den häufigen Spurwechseln durch jede Lücke zu quetschen, mal rechts mal links schneller zu fahren, beim Überholen und zu vielen anderen Anlässen zu hupen, und auch die Vorfahrt eher von der Lautstärke der Hupe als den Schildern abhängig zu machen. Darüber hinaus waren besonders die vielen LKWs eindrucksvoll, die sehr langsam fahren (wiederum gerne auf beiden Spuren) und bedrohliche Motorgeräusche haben, irgendwo zwischen „fällt jeden Moment auseinander“ und „ist eigentlich ein Drache und frisst Dich gleich“.
Ich habe es dann geschafft, dem Fahrer zu vermitteln, dass ein Bankautomat eine gute Idee wäre, und ihn in Rupees bezahlt, was die Sache sicher deutlich billiger gemacht hat. Übrigens: ca. 6 Stunden Autofahrt für den Mann mitten in der Nacht, einschließlich Parkgebühr und Maut haben umgerechnet unter 30 Euro gekostet. Ich habe großzügig Trinkgeld gegeben und ihm damit sehr gute Laune gemacht.
Und dann war ich pünktlich zum Sonnenaufgang im „Center Guest House“ und habe es genossen, einfach im leeren Speisesaal zu sitzen (ich war auch draußen, aber wegen der Moskitos nicht zu lange), den fremden Vogelstimmen zu lauschen und alles sich ein wenig setzen zu lassen.
Die Anmeldung an der Rezeption war freundlich und umständlich, wie es sich für Indien gehört. Alles alles wird hier aufgeschrieben in abgeratzte Notizbücher, ich frage mich ernsthaft ob irgend jemand die jemals wieder anschaut. Entsprechend wenig erstaunlich, dass es in der öffentlichen Verwaltung so aussieht (Fotoserie „Bureaucratics“ von Jan Banning). Das Frühstück war simpel (und ist jeden Tag das gleiche) aber lecker, erstaunlich solides Brot und feine frische Papaya und Minibananen. Hier auch noch ein Bild von einem Ambassador Taxi wie dem, in dem ich gefahren bin:
Dann war das Motto erstmal wachbleiben, was dank des guten Schlafes im Flugzeug und der Flut der Eindrücke und hellen Sonne hier gut geklappt hat, so dass ich mit Jetlag keine Probleme hatte. Außer, dass meine Aufsteh– und Bettzeiten gerade denen meines Opas ähneln, was ich aber sehr genieße. Führt zu so Sachen, wie dass ich vor dem Frühstück um 7:30 Yoga mache und meditiere (das folgende Bild passt chronologisch natürlich nicht und ist außerdem der Beweis, dass mir dabei noch einiger Schabernack im Kopf rumspukt. Der Weg zur Erleuchtung ist wohl noch recht weit, aber oh es war so verlockend). Ein wichtiges erstes Ziel war natürlich das Matrimandir, riesige goldene Meditationskuppel. Das Prozedere, um da rein zu dürfen ist so kompliziert, dass ich noch keinerlei Schritte in der Richtung unternommen habe. Soll wohl den Prozess der Meditation selbst symbolisieren oder so, und natürlich Tagestouristen abschrecken.
Den Rest des Tages bin ich mit dem Fahrrad, das ich vom Guest House bekommen habe, mehr oder weniger überall mal rumgeradelt, so dass mir deftig der Hintern gebrannt hat am nächsten Tag. Besonders gefällt mir das Aufeinandertreffen von Technik und Wildnis wie hier bei dem Elektroauto am Stecker, oder auch die Ladestation vor der „Solar Kitchen“, wo ich allerdings noch nie etwas angeschlossen gesehen habe.
Insgesamt ist in Auroville alles relativ modern, sauber und geordnet. Das gilt besonders für die Häuser, selbst die „Huts“, von denen mir Mona erzählt hatte, sind mittlerweile aus Ziegeln, geräumig und mit Strom. Eine etwas andere Geschichte sind die Straßen, in der Regel nicht viel besser als auf dem Bild oben, und die Toiletten. Die Natur ist überwältigend, auch wenn sie sich gerade offensichtlich in einer Art ausklingendem Winter befindet und sicher noch üppiger wird.
Habe mir am Strand frische Seeluft um die Nase blasen lassen, mich dann aber mangels Schatten in eine Hängematte unter Palmen direkt dahinter zurückgezogen, etwas gelesen und irgendwann tief geschlafen. War beim Aufwachen total verwirrt, aber auch erfrischt. Das wurde vervollkommnet durch eine Delikatesse, von der ich schon lange träume: eine frische grüne Kokosnuss, mit der Machete zuerst angeschnitten, mit Strohhalm ausgetrunken und dann mit einem Stück Schale leergelöffelt.
Ich schließe mit einem Bild meines Schlafgemachs. Die Nachtruhe ist so gewahrt, an Moskitostiche habe ich mich trotzdem schon gewöhnt, gerade haben sie mich im Büro beim Internet fast aufgefressen. Naja, Malaria soll hier kein Problem sein…
Montag, 7. Februar 2011 17:28
What an incredible place! It looks like you feel at home already in your little hammock Love, C
Montag, 7. Februar 2011 17:35
Lieber Christoph, wie schön von Dir und Deinen Erfahrungen zu lesen! Grüße doch das schöne Auroville und das Centre Guest House von mir, in dem ich auch vor ziemlich genau 3 Jahren für 4 Wochen weilte… falls Dir ein aurovillianischer Jonah über den Weg läuft, dann grüße ihn mal von mir — ein Freund von mir. Dir weiterhin alles Gute auf deiner inneren und äußeren Reise!
LG aus Tübingen, Katha.
Donnerstag, 10. Februar 2011 22:04
Liebster Christoph, wie gerne lasse ich mich von deiner Reiseschilderung — mit gewohnt gelassener Neugier und Humor — und deinen Bildern nach Indien entführen. Lass es dir weiterhin gutgehen! Alles Liebe, deine Mutter
Sonntag, 13. Februar 2011 0:55
lol who are these spammers?
Sonntag, 13. Februar 2011 3:43
stupid spam. My blog deletes them automatically, but they are still posted to facebook. I’ll look into that, thank you :*
Sonntag, 13. Februar 2011 19:51
Hey lieber Christoph,
nun schreib ich Dir endlich auch mal was in Deinen blog.
Bei diesen Schilderungen bekomm ich ja gleich noch viel mehr Lust auf Indien .…
Danke auch, dass Du „meinen“ Fernsehbeitrag verlinkt hast! Schon seltsam, da schreibt mir Christina aus Stanford sie habe Deinen Blog (aus Indien) gelesen und da den Beitrag (aus dem Ländle) gesehn … kleine Welt!
Freitag, 18. Februar 2011 8:43
Hallo Bruderherz,
jetzt komm ich endlich auch mal zum kommentieren. Das klingt ja alles echt spannend! Und irgendwie genauso wie mein Indienaufenthalt. Die Fahrten dort sind wirklich das reine Abenteuer, wenn dus noch nicht bist musst du unbedingt mal Rickshaw fahren, die drängeln sich nämlich wirklich in jede Lücke rein. Wobei Fahrrad fahren sicher auch lustig ist ;). Löffel ne Kokosnuss für mich!
Liebe Grüße aus dem frühlingshaften Freiburg!