Sarrazins Populationsgenetik und seine wissenschaftlichen Quellen

Wenn man so will ist die durch Sarrazin angestoßene Debatte um genetische Unterschiede zwischen verschiedenen Menschengruppen auch ein feines Beispiel für den Konstruktivismus. Wenn man annimmt, dass er die Dinge, die er zitiert, auch gelesen hat. Denn deren Autoren fühlen sich davon oft nicht richtig verstanden. Wie die SZ berichtet meldet sich mit Harry Ostrer auch ein Populationsgenetiker zu Wort, der wohl von Sarrazin verwendet wurde, um seine Aussagen zu stützen. (Ich hatte bereits kurz darüber geschrieben als die Intelligenzforscherin Elsbeth Stern in der ZEIT widersprochen hat).

Hier eine zentrale Aussage Ostrers aus der SZ, die die Erkenntnisse in Relation bringt:

Versuche, eine Gruppe aufgrund der Genetik einiger weniger Mitglieder zu typisieren, führen in die Irre. Die Erforschung der menschlichen Populationsgenetik macht Fortschritte und vielleicht stellt man in Zukunft einmal fest, dass eine Gruppe A eine größere Häufigkeit (vielleicht sechs Prozent) einer genetischen Variante hat, die für Alkoholismus anfällig macht, während eine Gruppe B eine andere Häufigkeit dieser Variante (vielleicht vier Prozent) aufweist. Die Gruppe A nun als Trinker und die Gruppe B als Abstinenzler zu bezeichnen, wäre schlicht und einfach falsch. Doch genau solche Typologien sind das fortbestehende Erbe der Rassenkunde des 19. und 20. Jahrhunderts.

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Datum: Sonntag, 24. Oktober 2010 21:04
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3 Kommentare

  1. 1

    Erst mal lesen, bevor man kommentiert. Mein Eindruck — nachdem ich die Passagen gelesen habe — ist, das Frau Stern sich aufgrund der massiven öffentlichen Verurteilung von Herrn Sarrazin etwas distanziert hat. Witziger Weise entspricht das, was sie später in der Zeit schreibt letztlich genau dem, was Du „Sarrazins Populationsgenetik“ nennst. Worunter Du im Übrigen was verstehst?

  2. 2

    Frau Stern schreibt:
    „Angesichts dieser Befundlage müssen wir uns endgültig von der Vorstellung verabschieden, alle Menschen ließen sich zu geistigen Überfliegern und damit gleich machen. Statistische Analysen, in denen – grob gesagt – die Übereinstimmung bei eineiigen Zwillingspaaren mit jener bei zweieiigen in Beziehung gesetzt wird, lassen derzeit den Schluss zu: In entwickelten Ländern mit allgemeiner Schulpflicht sind mindestens 50 Prozent der Intelligenzunterschiede auf Variationen in den Genen zurückzuführen.„
     
     

  3. 3

    Elsbeth Stern bestätigt in Wirklichkeit Sarazzins Aussage. Sie differenziert in folgenden Punkten: Sie stellt klar, dass man Intelligenz nur in Bezugnahme betrachten kann. Das, was sie hier als Varianz bezeichnet. Aber ist das nicht ein generelles Problem in der theoretischen Psychologie? Das zweite wäre das soziale Umfeld, was sie recht schön mit der Pflanze und seinen Wachstumsbedingungen beschrieben hat. Im großen und ganzen sind dies aber keine Neuigkeiten, von daher finde ich es einen recht schwachen Beitrag in einer Wochenzeitung wie die ZEIT es ist.