Donnerstag: Bäumegießen

Ich liege gerade müde im Bett, wie jeden der letzten Donnersage. Das liegt am Bäumegießen, einer der Aktivitäten meiner „Community“, EcoMagic (anscheinend hat der Projektname übrigens eine ähnliche Geschichte wie der des Theaterprojekts Hall — jemand musste einfach schnell was sagen…).

Neben einer Art großen WG (oder einer Art undogmatischen Kommune oder was immer) ist „Magic“ nämlich eine Non-Profit-Organisation, die hauptsächlich zwei Arbeitsfelder hat. Das eine ist pädagogisch, und wird im Wesentlichen durch Kurse in Stanford und Gespräche beim Abendessen vorangetrieben. Es geht darum, die Idee der „ValueScience“ zu verbreiten. Gemeint ist, mittels Wissenschaft Fragen zu beantworten, die klassisch in den Bereich Werte und Ethik fallen. Ich persönlich würde eher „wissenschaftliches Denken“ sagen, aber hier besteht man darauf, auch das Wort Wissenschaft selbst aus dem zu engen akademischen Bedeutungsraum zu befreien. Die Grundidee ist, dass Werte im wesentlichen Vorhersagen darstellen, darüber was man haben möchte (bzw. was einen glücklich machen wird) und darüber, wie man das bekommen kann. Und Wissenschaft, so geht die Argumentation weiter, sei die einzige Methode die die Menschheit bisher entdeckt habe, um besser als zufällige Vorhersagen zu machen. In dem breiten Verständnis von Wissenschaft macht das durchaus Sinn, besonders für die Frage „wie kann ich das bekommen“. Wobei ich den Ansatz trotzdem ein bisschen naiv-rationalistisch finde. Und gleichzeitig den Eindruck habe, dass hier viele Dinge wie von ganz „normalen“ Alternativen aus sehr emotionalen Motiven heraus gemacht werden.

Das andere Arbeitsfeld könnte man im Wesentlichen als Anwendung dessen bezeichnen, was die Menschen hier durch ihre ValueScience als für sie bedeutsame Werte entdeckt haben. Und ein Teil davon ist ein Projekt, ein großes und sehr trockenes Hügelareal, das der Stanford Uni gehört, wieder zu begrünen. Dazu werden Eichen gepflanzt, die hier anscheinend sogar heimisch sind oder waren. Und die müssen dann zwei Jahre lang wöchentlich gegossen werden. Was bedeutet, mit einer Gruppe Freiwilliger loszuziehen und in großen Eimern Wasser vom Truck zu den kleinen Bäumen zu schleppen, weil die in der Wildnis des Naturschutzgebietes verteilt sind.

Für mich persönlich ist das zunächst mal eine schöne Gelegenheit, mich an der frischen Luft zu betätigen und mit netten Leuten zu plaudern. Wie sinnvoll diese Sache ist kann ich offen gestanden nicht wirklich einschätzen, und wie erwähnt bin ich nicht so ganz sicher, ob das wissenschaftliche Denken wirklich so weit geht, die Effekte dieser Aktion gründlich durchgerechnet zu haben. Ein weiterer wichtiger Grund, da mitzumachen, ist ebenfalls ganz pragmatisch: Es gehört zum Verständnis von Wechselseitigkeit, das hier gelebt wird. Die Miet-Bewohner hier dürfen alle Sachen im Haus benutzen und umsonst essen (dazu gibt es wirklich bald noch einen eigenen Beitrag!). Es wird erwartet, sich in Proportion dazu, wie intensiv man davon Gebrauch macht, im Gemeinschaftsleben und in Projekten einzubringen. Und weil ich sehr glücklich bin, hier jeden Abend ein veganes Bioessen gekocht zu bekommen versuche ich, bei solchen Sachen dabei zu sein.

Und abgesehen von dem allem ist es einfach wundervoll, unter solch einem Abendhimmel draußen zu sein:

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Datum: Freitag, 29. August 2008 7:26
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