Beiträge vom 20. März 2007

Graswurzel-Journalismus

Dienstag, 20. März 2007 15:57

Mit Assignment Zero entsteht gerade ein Projekt, das den Journalismus endgültig aus der Hand weniger Experten in die Masse entlassen soll.

Der Gedanke ist bestechend: Es werden Informationen zusammengetragen, die jeder aus erster Hand hat. Jeder ist Experte für irgendwas. Allerdings entsteht auch dort sofort das Wikipedia-Problem: Wer kontrolliert, wer gewichtet, wer bewertet? Alles zentrale Aufgaben eines „echten“ Journalisten.

Bin trotzdem gespannt:

Journalism has always been a product of networks. A reporter receives an assignment, begins calling „sources“ — people he or she knows or can find. More calls follow and, with luck and a deadline looming, the reporter will gain enough mastery of the topic to sit down at a keyboard and tell the world a story.

A new experiment wants to broaden the network to include readers and their sources. Assignment Zero (zero.newassignment.net/), a collaboration between Wired magazine and NewAssignment.Net, the experimental journalism site established by Jay Rosen, a professor of journalism at New York University, intends to use not only the wisdom of the crowd, but their combined reporting efforts — an approach that has come to be called „crowdsourcing.“

Can large groups of widely scattered people, working together voluntarily on the net, report on something happening in their world right now, and by dividing the work wisely tell the story more completely, while hitting high standards in truth, accuracy and free expression?“ Professor Rosen asked last week on Wired.com.

All the World’s a Story — New York Times

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Unternehmen in der Verantwortung

Dienstag, 20. März 2007 15:39

Unser Bundespräsident mahnt die Unternehmen zu mehr gesellschaftlicher Verantwortung, dasselbe tut die Bundeskanzlerin. Durchaus in schönen Worten, hier zum Beispiel Köhler:

„Es reicht nicht mehr, sich nur um die Arbeitnehmer zu kümmern und ab dem Werkstor ist es wurscht“, sagte Bundespräsident Horst Köhler dem Magazin Focus.

Köhler wies die Firmen auf eine Fülle von Möglichkeiten hin, sich zu beteiligen, wie die Ausstattung von Schulen mit Computern oder die Renovierung von Klassenräumen.

Nur gesunde Unternehmen können sich sozial engagieren“, sagte der Bundespräsident, der auf seiner Lateinamerika-Reise zahlreiche sozial engagierte Unternehmer getroffen hatte. „Aber nur Unternehmen, die sich sozial engagieren, bleiben auf Dauer auch erfolgreich.“

Appell des Bundespräsidenten Köhler mahnt deutsche Wirtschaft zu mehr Verantwortung — Deutschland — sueddeutsche.de (Hervorhebung von mir)

Erstens wäre es schon mal nett, wenn sich um Arbeitnehmer gekümmert würde.

Zweitens hat Köhlers Aussage einen ganz zentralen Haken. Die hervorgehobene Behauptung ist nämlich erst mal das: eine Behauptung. Warum es sich für die Unternehmen lohnen soll, sich zu engageiren, leuchtet mir nicht ein.

Wobei ich an der Stelle betonen möchte, dass es sich natürlich lohnt, als sozial engagiert in der Öffentlichkeit wahrgenommen zu werden. Allerdings ist echtes Engagement dafür meiner Meinung nach so ungefähr der schlechteste Weg. Und die immens wachsenden Ausgaben für PR legen nahe, dass das nicht nur ich so sehe.

Irgendwie hat das Thema einen Bezug zur Evolutionstheorie. Wie soll in einem „grausamen“ System, in dem jeder für sich selbst sorgen, jeder individuell vorankommen muss (sei das nun das Verbreiten der Gene oder erhöhen des Gewinns) sich selbstloses Verhalten entwickeln?

In der „natürlichen“ Evolution scheint das vielleicht doch möglich zu sein, wie ich heute bereits geschrieben habe. Dann wollen wir für die Ökonomie mal das Beste hoffen.

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Evolution, Moral, Altruismus

Dienstag, 20. März 2007 15:23

Mein Verhältnis zur Evolution ist ein gespaltenes. Auf der einen Seite scheint die Sache empirisch zu stimmen und ist logisch bestechend. Auf der anderen Seite ist die Übertragung auf menschliches Verhalten mir oft zu simpel, zu sehr auf Basis einer Augenschein-Argumentation.

Interessante Entdeckungen im Grenzbereich zwischen Biologie und Philosophie referiert die NYTimes, und eröffnet damit meiner Meinung nach eine ganz wichtige Perspektive.

Ich verstehe noch nicht ganz, warum die unten hervorgehobene Annahme falsch sein soll. Schließlich geht es ja am Ende immer darum, wessen Gene sich besser verbreiten. Aber dass sie zumindest möglicherweise falsch sein könnte finde ich spannend.

„Morality is as firmly grounded in neurobiology as anything else we do or are,“ Dr. de Waal wrote in his 1996 book „Good Natured.“ Biologists ignored this possibility for many years, believing that because natural selection was cruel and pitiless it could only produce people with the same qualities. But this is a fallacy, in Dr. de Waal’s view. Natural selection favors organisms that survive and reproduce, by whatever means. And it has provided people, he writes in „Primates and Philosophers,“ with „a compass for life’s choices that takes the interests of the entire community into account, which is the essence of human morality.“

Scientist Finds the Beginnings of Morality in Primate Behavior — New York Times (Hervorhebung von mir)

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Sprachpsychologie – Wie Wörter sich anfühlen

Dienstag, 20. März 2007 15:15

Sprache transportiert nicht nur rationale Inhalte, sondern auch emotionale. Soweit ist das selbstverständlich. Spannend ist, dass tatsächlich bestimmte Wörter kulturell geteilt mit bestimmten Gefühlen verbunden sind. Und dass die Kommunikation dadurch ganz subtil eine bestimmte Färbung bekommt.

Wie oft denkt man schon darüber nach, was im Wort „Manager“ mitklingt? Ich gestehe, bei mir persönlich ist das Gefühl in diesem Fall auch nicht so toll.

Und wie so oft wird der Blick für diese Phänomene erst im Kontrast zu anderen Kulturen möglich. Hier ist spannende Forschung zu dem Thema, aus der Süddeutschen:

„Der Manager fühlt sich in Deutschland an wie ein Metzger: ziemlich dynamisch, ziemlich mächtig und ziemlich negativ.“ Das ist kein Satz eines Verächters marktwirtschaftlicher Unternehmensstrukturen oder eines geplagten Angestellten. Er ist das stichfeste Ergebnis einer Studie zum Gefühlsgehalt von Wörtern, die am Psychologischen Institut der Humboldt-Universität in Berlin entsteht.

Bestimmte Wörter können in unterschiedlichen Sprachgemeinschaften jedoch deutlich andere Gefühle auslösen: In den Vereinigten Staaten evozieren Wörter aus dem sexuellem Kontext starke Emotionen: Sie fühlen sich an wie Zorn oder Gewalt, während ein Deutscher recht emotionslos auf das Wort „homosexuell“ reagiert.

Der Manager dagegen wird in den USA eher wie ein Richter empfunden: Mächtig, aber beruhigend –dort folgt man gerne seinen Anweisungen. Das ergaben Studien David Heises von der Indiana University, der bereits eine Art Wörter-Gefühlslexikon für die USA erstellt hat.

Kulturen unterscheiden sich auch darin, wie sie zur Macht stehen“, sagt Schröder. US-Amerikaner zum Beispiel haben, anders als Deutsche, dem emotionalen Gehalt zufolge, den sie Managern, Richtern, Präsidenten oder Gott zuweisen, ein eher positives Verhältnis zur Machtfülle. Zwar können mit dieser Methode zum Messen des Gefühlsgehalts keine Erkenntnisse darüber gewonnen werden, weshalb Wörter in verschiedenen Kulturen unterschiedlich besetzt sind.

Aber sie liefert zum Beispiel eine Möglichkeit, die These des Kriminologen Christian Pfeiffer zu überprüfen, nach der Deutsche, die in der DDR aufwuchsen, autoritätshöriger seien als ihre Brüder und Schwestern aus dem Westen und es daher unter ihnen mehr Rechtsextreme gebe. „Wenn ein Mensch Wörter, die mit Macht verbunden werden, als angenehm empfindet“, sagt der Psychologe, „so ist davon auszugehen, dass er ein positives Verhältnis zu Autorität hat.“

Sprachpsychologie Schlächter Beigeschmack — Kultur — sueddeutsche.de

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